Kosovo-Albaner für Generalstreik

■ Nach der Niederlage des serbischen Parteichefs Milosevic auf dem außerordentlichen Parteitag der jugoslawischen Kommunisten stellen die Albaner Forderungen nach Demokratisierung

Berlin (dpa/taz) - Zwar versuchten serbische Ordnungskräfte am Mittwoch abend die Demonstration von 40.000 Albanern in Pristina aufzulösen, doch verhindern konnten sie die Demonstration verhindern nicht. Zum ersten Mal seit Februar 1989, seit Verhängung des Ausnahmezustands und Versammlungsverbots, hatten albanische Aktivisten im Zentrum von Pristina, vor dem ZK-Gebäude, zu einem Generalstreik aufgerufen.

Die Albaner machen wieder Front gegen die serbische Führung unter Slobodan Milosevic, der die damalige Parteiführung der Provinz unter dem seither verhafteten ehemaligen Parteichef Azem Vlasi absetzte und im März durch eine Verfassungsänderung die Autnomierechte der Albaner beschnitten hatte. Auf der Demonstration wurden der sofortige Rücktritt der von Milosevic eingesetzten Parteiführung unter Rahman Morina verlangt, das Mehrparteiensystem und freie Wahlen gefordert. Weiterhin verlangten die Demonstranten die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen und den Abbruch aller politischen Prozesse, insbesondere des Prozesses gegen Azem Vlasi, dem wegen „konterrevolutionärer Aktivitäten“ die Todesstrafe droht.

Nach einem Bericht des jugoslawischen Fernsehens war auch der Slogan zu hören: „Serbien wird kein Imperium werden.“ Damit wurde auf die Bestrebungen des serbischen Parteichefs Milosevic angespielt, seiner Republik eine Vormachtstellung unter den sechs jugoslawischen Republiken zu erkämpfen. Denn diese Bestrebungen hatten auf dem am Wochende ablaufenden Parteitag einen Dämpfer erhalten, als nicht nur die slowenischen Delegierten auszogen, sondern auch die kroatischen und bosnischen Delgierten den Abbruch des Parteitags verlangten. Schwer wiegt, daß nun auch die Bundesregierung sich von Milosevic abzusetzen beginnt. Der mit diesem Vorgang verbundene Autoritätsverlust der serbischen Parteiführung eröffnet wieder politische Spielräume für die Albaner im Kosovo.

er