Gewissensprüfung abgeschafft

■ Wer den Dienst mit der Waffe ablehnt, wird künftig in der DDR keinem Gewissens-TÜV mehr unterzogen / Lange Dienstzeit von 18 Monaten bleibt aber für ZDLer obligatorisch

Berlin (taz) - In der DDR soll der zivile Ersatzdienst künftig ohne jedes komplizierte Prüfungsverfahren möglich sein. Wer Kriegsdienst verweigern will, soll nur noch eine einfache Erklärung abgeben müssen, in der der Wehrpflichtige seine Glaubens- oder Gewissensgründe benennt. Für ein solches Verfahren sprach sich am Mittwoch der Verteidigungsausschuß der Volkskammer in Ost-Berlin aus. Eine entsprechende Regelung soll in eine Verordnung über den Zivildienst in der DDR, die in Bälde den Gesetzgebungsorganen vorgelegt werden soll, aufgenommen werden.

Von der Reduzierung der Wehrdienstzeit - sie wurde im Gegensatz zur Bundesrepublik vor etwa vier Wochen in der DDR auf 12 Monate herabgesetzt - können die DDR-Zivis aber nicht profitieren. Der Gesundheitsausschuß in Ost-Berlin sprach sich für eine Zivildienstdauer von vollen 18 Monaten aus. Nach deren Ableistung soll es eine „Wiederheranziehung“ aber nicht geben können.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Herger, nannte das Recht, den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen abzulehnen, ein „grundlegendes Menschenrecht“.

Vor der „Wende“ hatten es Kriegsdienstverweigerer in der DDR ungleich schwerer. Ihnen blieb lediglich die Möglichkeit, den Dienst ohne Waffen in Bau-Einheiten der nationalen Volksarmee abzuleisten. Die Kriegsdienstverweigerung führte in der Regel auch zu Nachteilen in Beruf und Ausbildung. Den Umschwung dokumentierte Herger jetzt mit den Worten: „Wir gehen davon aus, daß der mündige Bürger seinem eigenen Gewissen folgt, auch seinem Bewußtsein für die Verantwortung gegenüber diesem Land und diesem Volk.“ Für jeden jungen Bürger der DDR sei es daher wichtig, daß er den Inhalt des Wehrdienstgesetzes und des Zivildienstgesetzes kenne.

Auch bei Zivildienstleistenden der BRD tut sich was: sie dürfen seit gestern in Ausübung ihres Dienstes den bisher verbotenen Boden des Warschauer Paktes betreten.