Krimis: "Gorki-Park" von Martin Cruz-Smith/U.a. "Rotes Chamäleon" von Stuart Kaminsky/"In der Höhle des Bären" von Brian Freemantle

Der beste Krimi, der in der Sowjetunion spielt, ist von einem Amerikaner geschrieben worden. Obwohl es inzwischen Dutzende von Autoren gibt, die sich als Handlungsfeld die UdSSR aussuchen, ist Gorki-Park von Martin Cruz-Smith bis heute unerreicht. Fast zehn Jahre lang hat der ehemalige Sportredakteur an dem Buch gearbeitet. Als er es 1981 herausbrachte, landete er einen Weltbestseller. Die Story, schon vor Jahren verfilmt mit William Hurt und Lee Marvin, dürfte inzwischen jedem bekannt sein. Nein? Na Ihr wißt schon, die Geschichte mit den drei Leichen im Gorki-Park, denen man die Haut vom Gesicht gezogen und die Fingerspitzen gekappt hat. Chefinspektor Arkadi Renko übernimmt den Fall und kommt nach geduldiger und gefährlicher Schnüffelarbeit dahinter, daß das Zobelmonopol der UdSSR gebrochen werden soll. Wer den Krimi wirklich noch nicht kennt, sollte das unbedingt nachholen! (Knaur)

Ein anderer Amerikaner, Stuart Kaminsky, ist bei uns vor allem durch seine Toby-Peters-Serie bekannt. Aber Kaminsky schreibt auch eine Krimi-Reihe, die in Moskau spielt. Der Held ist Polizeiinspektor Rostnikow. Rostnikow ist ein leidenschaftlicher Gewichtheber und Liebhaber amerikanischer Kriminalromane, die besorgt er sich auf dem Schwarzmarkt und versteckt sie in seiner Wohnung hinter den russischen Klassikern und den gesammelten Reden Lenins. Bei seinen Vorgesetzten ist der Inspektor nicht sehr beliebt, hat er doch einmal den unverzeihlichen Fehler begangen, für sich und seine Frau Ausreisevisa zu beantragen. Man läßt ihn jetzt nur noch kleine unbedeutende Fälle bearbeiten, aber das klappt nicht immer. Der ungeliebte Inspektor hat sich eine gute Taktik zurechtgelegt. Wenn er als erster am Tatort eintrifft, spielt er die Bedeutung des Falls herunter, um ihn behalten zu können. In Rotes Chamäleon wird ein alter Jude in seiner Badewanne erschossen. Niemand interessiert sich sonderlich dafür, denn zur selben Zeit macht ein Heckenschütze die Moskauer Straßen unsicher. Aber was die Oberen noch mehr aufregt, ist eine Bande von Autodieben, die nur die Luxuskarossen der Würdenträger klauen. Rostnikow bekommt natürlich den Fall mit dem toten Juden... Die anderen beiden Krimis, die bis jetzt auf deutsch vorliegen, heißen Nacht auf dem Roten Platz und Roter Regen, erschienen sind alle bei Goldmann.

Auch Brian Freemantle läßt seinen neuen Polit-Thriller In der Höhle des Bären zum größten Teil in der Sowjetmetropole spielen: Viktor Iwanowitsch Kasin, KGB-Mann und Traditionalist der alten Schule, ist verwirrt. Er kann es einfach nicht glauben, daß Gorbatschows Perestroika bis ins unantastbare KGB hineinreichen soll. Die Veränderungen mögen zwar Wellen schlagen, aber Kasin ist nicht bereit, von ihnen weggespült zu werden. Er entwirft einen brillant angelegten Desinformationscoup, einen Plan, der die amerikanische CIA in ihren Grundfesten erschüttern und ihm selbst Ruhm und Ehre beim neuen Generalsekretär einbringen soll. Nun ja, dem Leser ist sehr schnell klar, daß der gute Kasin die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Und so geht natürlich einiges schief bei seinem Planspiel. Aber wie es schiefgeht, da reicht nur die Phantasie und das Können eines Brian Freemantle. (Ullstein)

Karl Wegmann