Die Titanen

■ Die weltweite Medienkonzentration in Zahlen

In einem Vorwort zum ersten Heft des Jahres 1990 beschreibt der neue Chef von 'Index on Censorship‘ Andrew Graham-Yooll

-er war früher lange Journalist in Argentinien - die Gefahren der Informationssteuerung und -manipulation im Westen durch folgende Angaben: „Das Vermögen von Time Warner (USA) wird auf 24 Milliarden Dollar geschätzt; der Konzern besitzt 123 Publikationen und hat Aktienkapital in 23 weiteren; der größe US-amerikanische Fernsehsender ist in seinem Besitz, ebenso 82 Prozent des zweiten Kabelfernsehens und mehrere Gesellschaften für elektronische Kommunikation mit einem Schätzwert von 520 Millionen Dollar.

Bertelsmanns Vermögen beläuft sich auf etwa 6,4 Milliarden Dollar. Außerhalb der Bundesrepublik gehören dem Konzern Bantam Doubleday, RCA Records, Literary Guild und weitere Verlagshäuser in Frankreich, Spanien und Lateinamerika, ebenso Anteile der japanischen Schallplattenindustrie und der europäischen Satelliten -Fernsehindustrie.

Der australische Konzern News Corporation von Rupert Murdoch steuert 150 Unternehmen mit einem Gesamtwert von etwa 4,3 Milliarden Dollar; ihm gehören unter anderem 'The (London) Times‘, 20th Century Fox, Sky-Television und Pan European Satellite TV und mehrere Buchverlage in Großbritannien und den USA.

Der viertgrößte Medien-Megakonzern ist Hachette (Frankreich) mit einem Kapital von vier Milliarden Dollar. Ausgehend von seiner Pariser Buchverlagsproduktion operiert der Konzern inzwischen auf dem Illustrierten-Markt in Spanien und Lateinamerika.

Pearsen PLC (Großbritannien), dessen Vermögen sich auf zwei Milliarden Dollar beläuft, besitzt unter anderem die 'Financial Times‘, Penguin Books und 'The Economist'.

Es gibt noch mehr Giganten am europäischen Horizont. Als die spanische Regierung ihr Fernsehmonopol aufgab, gewann im Wettbewerb um Spaniens Tele 5 der Italiener Silvio Berlusconi das Rennen vor Rupert Murdoch. Um den 5.Kanal des französischen Fernsehens konkurriert Berlusconi mit dem französischen Medienzar Robert Hersant. Ihre Konkurrenz ist das europäische Gegenstück zur Rivalität von Murdoch und Maxwell in der englischsprachigen Welt.

Keiner dieser großen und wohlmeinenden Herren, Titanen der Medienwelt, wird der Zensur bezichtigt. Jedoch ist bei der Existenz solch mächtiger Kommunkationsvernetzung nur logisch, daß jeder andere vom Zugang zu einem Massenpublikum ausgeschlossen ist.“

(Anmerkung: Daß den mittel- und osteuropäischen Staaten auf diese Art Freiheit droht und sie für Mediengrößen zum direkten Markt werden, zeigt die Entwicklung in Ungarn. Dort betreibt der Axel-Springer-Verlag mit Verlagen der ehemaligen KP die Wochenzeitung 'Reforma‘. Bei einer Auflage von circa 400.000 - Gesamtbevölkerung: elf Millionen mischt man dort, nach den Worten Gabor Demszkys, „sogenannte reformerische Artikel mit Fotos von nackten Mädchen, kombiniert erotische Unterhaltung mit Reform. Die Zeitschrift ist enorm populär und bringt der Partei riesige Profite.“ Diese Profi-Konkurrenz bedroht nicht nur unmittelbar die wirtschaftliche Existenz junger Verlage, die aus den Samisdat-Gruppierungen hervorgegangen sind, sondern stellt den Strom politischer Willensbildung unter eines der ältesten Diktate überhaupt: das des männlichen Blicks. U.R.)