Heinrich Albertz‘ Herz schlägt links

■ Eine Predigt vor der Friedenskonferenz in der Stephanikirche

Die Christliche Friedenskonferenz, d.h. ihr Regionalausschuß, hat zwei Tage getagt. Zum Abschluß predigt Heinrich Albertz in der Stephanikirche. Die Kirche ist voll bis auf den letzten Platz. Die CFK ist eine 1958 gegründete, internationale Organisation, deren Führung, so Stephani -Pastor Louis von Zobeltitz am Sonnabend vor Journalisten, allein bei Kirchenvertretern aus Osteuropa liege. Denen muß es ja nun gut gehen, nachdem sogar in Rumänien wieder Weihnachten gefeiert werden darf und die Kirche der DDR durchgängig das Personal aller Oppositionsgruppen stellt, die aufblühen, nachdem sie am 7./8. Oktober nicht vom Chinasyndrom weggeputzt wurden.

Doch in St. Stephani munkelts anders. Dr. Ittmann von der CFK der BRD folgert aus den “ revolutionären Ereignissen in Mittel-und Osteuropa“: „Der Wind bläst uns ins Gesicht.“ Das kann er nur, wenn es diese Christen fertiggebracht haben, ihre Organisation aus Christen zu zimmern, die sich inmitten all der sozialismusbeschädigten Kirchen hergaben, das Lied der Unterdrücker zu singen

Pastor Albertz hatte sein „guter Freund Zobeltitz“, der auch ein Freund der DKP ist, gebeten, über den 1. Epheserbrief, 18 bis 23 zu predigen. Der beginnt mit der Bitte an Gott, Offenbarung zu geben, damit „ihr Erleuchtung habt für die Augen eures Herzens..“ Albertz beginnt mit einer sehr schönen Selbstkritik: Es wäre besser gewesen, hätten wir alle in den letzten Jahren mit den Augen des Herzens auf die Menschen gesehen und weniger auf den Kampf der Systeme. Was nichts anderes heißen kann, als daß unter der Verteidigung des Sozialismus seine Opfer vergessen wurden.

Aber beim Stichwort Sozialismus (sardonisch: „Dieses Schreckenswort, das niemand mehr in den Mund nehmen mag“ und was Willy Brandt wohl mache, der doch Präsident der Sozialistischen Internationale sei) schlägt der Predigtwind jäh um. Nach links. Wieder die trotzige Verachtung für die „Trabi-Flüchtlige“ im Gegensatz zu denn echten nach 45, die Warnung vor den „deutsch-nationalen und faschistischen Sprüchen, vom Westen angeheizt“, bei den Leipziger Montagsdemos. Und dann: „Wir Christen gehören dahin, wo die Minderheiten sind.“ Und diese Minderheiten, die er jetzt „bespuckt und geschlagen“, sieht, sind tatsächlich „die Minderheiten, die an Honecker geglaubt haben, und die auf einmal als Aussätzige behandelt werden“ und Honecker selber. Für die Minderheit, die die Minderheit Honecker in den Tagen vor dem 7. Oktober offen mit Massacker bedroht hat, habe ich Heinrich Albertz nicht sein Wort erheben hören. Er schließt mit etwas, das „nicht im Neuen Testament steht, aber was aus mir raus muß: Das Herz schlägt links. Habt Hoffnung. Amen.“

Uta Stolle