Peres reist vorerst nicht in die DDR

■ Israels Finanzminster wartet auf eine Erklärung der DDR-Regierung zur Frage der Entschädigung

Tel Aviv (taz) - Der israelische Finanzminister Schimon Peres lehnt es ab, die DDR zu besuchen, bevor die Regierung in Ost-Berlin ihre Bereitschaft erklärt hat, dem Staat Israel Entschädigungsgelder für die Judenverfolgung während des Nationalsozialismus zu zahlen. Die DDR betreibt derzeit die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel und ist von ihrer bisherigen prinzipiellen Ablehnung einer Verantwortung für die nationalsozialistischen Verbrechen am jüdischen Volk abgerückt. In früheren Verhandlungen zwischen Israel und der DDR waren bereits individuelle Entschädigungszahlungen an einzelne Holocaust-Opfer vereinbart worden. Offensichtlich macht Israels Finanzministerium inzwischen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen von Entschädigungszahlungen an den Staat Israel abhängig.

Zur Klärung dieser Frage wird Michael Schiele, Berater des israelischen Außenministeriums in Diaspora-Angelegenheiten, mit Vertretern der DDR verhandeln. Nach einer Information aus Regierungskreisen in der Freitagsausgabe der israelischen Tageszeitung 'Haaretz‘ hat das Finanzministerium jedoch einen Vermittlungsvorschlag von Edgar Bronfman, Präsident des jüdischen Weltkongresses, abgelehnt, der die Entschädigungssumme auf 100 Millionen Dollar ansetzte. Das Finanzministerium fordert eine höhere Summe, ist jedoch - angesichts der Devisenknappheit der DDR

-bereit, die Entschädigungszahlung in Waren entgegenzunehmen. Auch Lieferungen aus einem Drittland werden in Erwägung gezogen.

Konkreter Hintergrund der israelischen Forderungen ist möglicherweise der Verlust bundesdeutscher Rentenzahlungen an jüdische Bewohner der von den Deutschen während des zweiten Weltkriegs besetzten Gebiete. Für die Versorgung sowjetischer Juden, die übersiedeln, muß der Staat Israel aufkommen.

Der Vorsitzende der Claims Conference der Juden, Jisrael Miller, hat in dieser Frage bereits im Dezember mit Ministerpräsident Jizchak Schamir verhandelt. Äußerungen Millers zufolge wird die Claims Conference Druck auf die amerikanische Regierung ausüben, so lange keine bevorzugte Hilfe an die DDR zu leisten, bis die Entschädigungsfrage geklärt ist.

Amos Wollin