Bremer CDU in Rostock

■ Kontakte mit DDR-Organisationen / Handwerkskammer gegründet / Vorwahl-Avanti

Der Fraktionsvorstand der Bremer CDU war am vergangenen Wochenende auf Kontaktsuche in Rostock. Fündig wurde er bei der CDU der DDR, bei der FDU , und beim Demokratischen Aufbruch. „Alle drei Organisationen haben in etwa den gleichen Kurs wie wir“, begründete Peter Kudella gestern die Auswahl der GesprächspartnerInnen. „Den gleichen Freiheitsbegriff, den Willen zur Einheit und zur sozialen Marktwirtschaft.“

Die Bremer Christdemokraten stießen „auf eine große Verunsicherung und auf Orientierungsprobleme in der Bevölkerung der DDR.“ Ob denn die Privatisierung des Wohnungsbaues nicht auch die Abhängigkeit der Mieter vom Eigentümer bedeute, wollten die RostockerInnen wissen, und ob man denn nicht in einem privaten Unternehmen schutzlos der Willkür des Unternehmers ausgeliefert sei. Die Bremer Christdemokraten registrierten außerdem „eine gewisse Angst

vor Arbeitslosigkeit“, bei ihren GesprächspartnerInnen.

„Große Informationslücken über das System in der BRD“ hatte die Bremer-Delegation daraufhin zu schließen versucht und den DDRlerInnen erst einmal einen Grundkurs über Soziale Markwirtschaft verordnet. Doch neben diesen „Grundlagen eines freiheitlich demokratischen Staates“ gab es auch erste konkrete Maßnahmen für wirtschaftliche und ideologische Unterstützung der DDR-Konservativen.

So soll in Rostock mit Unterstützung der Bremer CDU eine „unabhängige“ Handwerkskammer mit den entsprechenden Innungen gegründet werden. Rostocker Industriemeister werden in Bremer Betrieben weitergebildet, Azubis sollen Bremer Unternehmen besuchen. In Absprache mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall werden den DDRlerInnen dabei keine Kosten entstehen. Weiterhin könnten Maschinen, die bei Bremer Unternehmen

bereits abgeschrieben sind, in die DDR verliehen werden. Kudella: „Die DDR-Wirtschaft arbeitet, nach allem was wir gesehen und gehört haben, höchst unproduktiv“. Da säßen die Arbeiter in einer Rostocker Werft oft tagelang herum und arbeiteten nicht. Ein Fotosetzer, den er am Wochenende kennengelernt habe, besitze Maschinen aus dem Jahr 1934. Eine bestellte neue sei ihm für das Jahr 2010 versprochen worden.

Weil jetzt die Wahl zur Volkskammer vorverlegt wurde, drängt es die Bremer natürlich umso mehr, ihren ParteifreundInnen zu helfen. Seminare und öffentliche Veranstaltungen für die Rostocker müssen vorverlegt, Materiallieferungen kurzfristig forciert werden. Das Bremer Engagement soll sich schließlich lohnen: „Ich bin mir ziemlich sicher, daß die SED-PDS überhaupt keine Chance mehr hat, wenn wir die Oppositionsparteien ausreichend zu informieren“ meinte Kudella. ma