REP-Meldung entpuppt sich als Selbstläufer

■ Vergangenen Freitag meldete die 'Junge Welt‘ einen von den REPs geplanten Aufmarsch in Ost-Berlin / Der Hinweis setzte die Volkspolizei und das Bundesinnenministerium in Bewegung / Außer Gerüchten keine klaren Hinweise / REPs dementieren die Aktion

Zu einem antifaschistischen Aktionstag haben zahlreiche Jugendverbände aus Ost-Berlin und der Deutschen Demokratischen Republik anläßlich des heutigen Jahrestages der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten aufgerufen.

Als Selbstläufer und Flop hat sich jedoch offensichtlich die Meldung der 'Jungen Welt‘ vom vergangenen Freitag erwiesen, 3.000 „Republikaner“ planten für den 30. Januar einen „Marsch auf Berlin“, um für ein „wiederauferstandenes Reich“ zu demonstrieren. Die Vertreter des Runden Tisches hätten sich daraufhin an die Bevölkerung mit dem Aufruf gewandt, möglicherweise gefährdete Gebäude und Einrichtungen zu schützen.

Bei der Informationsstelle der DDR-Volkspolizei lagen nach Angaben eines Sprechers aber „keine Erkenntnisse“ über einen geplanten Marsch von Rechtsradikalen vor - genausowenig bei den uniformierten Kollegen im Westen. Man erhalte jedoch immer wieder Anrufe von Bürgern, die ebenfalls von einer geplanten Demonstration gehört hätten, jedoch keine genauen Angaben machen könnten. Vorsorglich werde man jedoch heute mehr Beamte zum Schutz gefährdeter Objekte abstellen. Die „Republikaner“ in West-Berlin dementierten gegenüber der taz, zu einem Marsch auf Berlin aufgerufen zu haben. Eine solche Aktion der rechtsradikalen Partei halten auch Insider für sehr unwahrscheinlich. Die REPs haben bisher sorgsam darauf geachtet, nicht mit der Zeit des Nationalsozialismus in Verbindung gebracht zu werden.

Genaue Informationen konnte der stellvertretende Chefredakteur der 'Jungen Welt‘, Frank Schumann, nicht vorweisen. Man habe sich lediglich auf einen Aufruf des Auschwitz-Komitees bezogen, in dem alle Antifaschisten in der DDR aufgefordert werden, den „Marsch auf Berlin“ zu verhindern. Das Datum des 30. Januar deute aber darauf hin, daß „da was im Gange ist“, erklärte Schumann.

Bereits Anfang Januar waren anläßlich eines Hallenfußballturniers in Ost-Berlin Gerüchte umgegangen, Fußballfans und Neonazis hätten Überfälle auf Ausländer und antifaschistische Einrichtungen angekündigt - ohne daß es aber zu irgendwelchen Auseinandersetzungen kam. Für eine am selben Abend stattfindende Anhörung zur Ausländerpolitik in der Humboldt-Universität der Hauptstadt hatten die VeranstalterInnen deshalb Polizeischutz beantragt.

Nach Ansicht des 'Junge Welt'-Redakteurs könne das Ganze auch eine „bewußte Indiskretion“ aus der rechten Ecke sein. „Am Ende passiert gar nichts und dann können die Republikaner sagen: Seht mal, Ihr regt Euch hier für nichts auf“. Auf die Frage, ob das nicht ein bißchen viel der Verschwörungstheorie sei, wollte er nicht ausschließen, man sei im Moment vielleicht etwas übersensibilisiert.

Für zusätzliche Publizität hatte ein in den DDR-Zeitungen veröffentlichter Brief des europäischen Direktors des Simon -Wiesenthal-Zentrums in Paris, Shimon Samuels, an die Justizministerien beider deutscher Staaten gesorgt. Darin bezog sich Samuels auf ihm vorliegende Informationen, wonach zu dem „Marsch auf Berlin“ 3.000 Neonazis, Skinheads und „Republikaner“ zu erwarten seien. Gegenüber der taz erklärte Samuels, er habe diese Angaben aus DDR-Medien-Kreisen. Mit seinem Brief habe er ein symbolisches Zeichen gegen neonazistische Tendenzen setzen wollen. „Bundesinnenministerium eingeschaltet“

Nach Informationen des Vorsitzenden der DDR-Oppositiosgruppe „Demokratischer Aufbruch“, Wolfgang Schnur, hat das Bundesinnenministerium dem Innenministerium der DDR Unterstützung bei möglichen Ausschreitungen durch Neonazis für heute zugesichert. Im Grenzbereich sollen entsprechende Kontrollen vorgenommen werden, um Gewalttätigkeiten auszuschließen, habe das Bundesministerium zugesagt, so Schnur in einer Erklärung, die er gestern abend vor dem runden Tisch verlas.

Wolfgang Schnur berichtete weiter, daß der Chef der Volkspolizei versichert habe, daß inzwischen sämtliche Waffen des alten Staatssicherheitsdienstes eingelagert seien. Bewaffnete Polizei würden sämtliche Depots bewachen, so daß ein unbefugter Zugriff ausgeschlossen sei.

Die Parteien am runden Tisch hatten zuvor eine Erklärung verabschiedet, nach der sie die Volkspolizei in ihrem gesetzlichen Einschreiten gegen jegliche Gewaltausübung unterstützen.

Andrea Böhm/dpa