EG-Assoziierungsabkommen mit der DDR?

Ernsthafte Diskussionen können erst nach der Wahl mit der neuen Regierung in Ost-Berlin geführt werden  ■  Aus Brüssel Michael Bullard

Was am Montag in Brüssel als ganz normale Verhandlungen über den Abschluß eines Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der DDR und der EG beginnen sollte, könnte, schneller als bisher gedacht, die Grundlage bilden für eine Alternative zur Wiedervereinigung a la Kohl.

Politische Beobachter sind der Meinung, daß es sich durch die auf den 18.März vorgezogenen Wahlen in der DDR für die Unterhändler nicht mehr lohnt, ein Abkommen nach dem Vorbild der bereits geschlossenen Verträge der EG mit Polen, Ungarn und der Sowjetunion auszuhandeln. Zwar wird der Vorsitzende der DDR-Delegation, der stellvertretende Außenhandelsminister Christian Meyer, offiziell an seinem Verhandlungsauftrag festhalten. Trotzdem wird vermutet, daß in den kommenden Wochen voraussichtlich auch die verhandlungstechnischen Grundlagen für ein Assoziierungsabkommen und einen Antrag auf Mitgliedschaft der DDR in der EG erörtert werden. Ernsthaft diskutiert werden können diese beiden Alternativen zur Wiedervereinigung allerdings erst nach den Wahlen in der DDR mit der neuen Regierung.

Das bisher anvisierte Handelsabkommen soll eine Laufzeit von zehn Jahren haben und im Rahmen der üblichen Meistbegünstigungsklausel für alle gewerblichen und landwirtschaftlichen Güter mit Ausnahme von Textilien, Kohle und Stahl gelten. Bis 1995 sollen fast alle noch bestehenden mengenmäßigen Beschränkungen für DDR-Importe in die EG aufgehoben werden. Interessant ist dabei, daß der Handelsteil nur für elf EG-Länder gilt: Die in den Römischen Verträgen festgelegte Sonderstellung des innerdeutschen Handels, dessen Volumen fast dreimal so groß ist wie der Handel zwischen den restlichen EG-Ländern mit der DDR, bleibt davon ausgenommen. Mit dem Kooperationsteil sollen auch die deutsch-deutschen Joint-venture-Regelungen durch eine „europäische Komponente“ ergänzt werden. Dieser Teil des Abkommens, mit dem die industrielle Zusammenarbeit gefördert werden soll, schließt die BRD mit ein. Anders als bei dem Ende 1989 geschlossenen Vertrag mit der UdSSR soll die „friedliche Nutzung“ der Kernenergie in der Zusammenarbeit mit der DDR ausgespart bleiben.