Methadon jetzt für Bremer Junkies

Gesundheitssenatorin Rüdiger, die Ärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung legen gemeinsame Empfehlungen an die Ärzteschaft vor / Methadon an Heroinabhängige nur nach medizinischer Indikation  ■  Aus Bremen Susanne Paas

„Empfehlungen für die Vergabe von Methadon“ hat die Bremer Gesundheitssenatorin Dr. Vera Rüdiger (SPD) gestern betont gemeinsam mit dem Bremer Ärztekammerchef Karsten Vilmar und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) unterzeichnet und bekanntgegeben. Danach gibt es zunächst einen Katalog klarer medizinischer Indikationen: Das Ersatzopiat Methadon soll es geben für Heroinsüchtige mit schweren oder tödlichen Krankheitszuständen wie Krebs oder Infektionen wegen Aids, als „Überbrückungssubstitution“, begrenzt auf stationäre Krankenhausaufenthalte, für schwangere Drogenabhängige, jedoch nur um den Geburtszeitraum herum, und für psychisch Erkrankte. Diese Indikationen erweitern zwar die bisherige bremische Vergabepraxis, die nur schwer Aids-Kranke einbezog in stationäre und ambulante Methadon-Versorgung, betonen aber stets die nur vorübergehende Vergabe und die Ziele des drogenfreien Lebens beziehungsweise einer sofort anschließenden Clean-Therapie.

Entscheidend für die bremische Methadon-Landschaft könnte ein Sonderpassus werden, der erst kurz vor Beratungsschluß in die „Empfehlungen“ eingefügt wurde: Die Methadonvergabe kann nun „im Einzelfall über die unbestrittenen Indikationen hinaus indiziert sein“, wobei auch dann laut BtM (Betäubungsmittelgesetz) medizinische oder psychiatrische Begründungen gefunden werden müßten.

Für AltfixerInnen, für die Mütter Neugeborener, die nach der Klinik sonst kein Methadon bekommen würden, für die noch - sozial integrierten berufstätigen Heroinabhängigen, für „Nur„-HIV-Infizierte könnte über diesen Passus eine Einzelfallindikation erfolgen: Alles, was über den engen medizinischen Vergabefall hinausgeht, muß künftig von einer Fünferkommission beraten werden (je einE VertreterIn von Gesundheitsbehörde, Ärztekammer, KV sowie zwei von Drogenhilfsstellen). Insofern eröffnen die „Empfehlungen“ höchstens indirekt die Möglichkeit, für Drogenabhängige mit sozialer Indikation, etwa massiver Verelendung oder zur Haftverkürzung, Methadon gegen die medizinischen Folgeerscheinungen zu verschreiben. Vorgesehen ist für alle Methadon-PatientInnen eine psychosoziale Betreuung.

Die „Empfehlungen“ sind das Ergebnis monatelanger Verhandlungen mit der Bremer Ärzteschaft. Senatorin Rüdiger wertete sie ausdrücklich als „Ermutigung an die Ärzteschaft“, sich an die Materie Methadon zu wagen und von der Kommission den Rücken freihalten zu lassen, und rechnet durch die künftige erhöhte Rechtssicherheit bei der Vergabe mit einer „erheblichen Zahl“ von substituierten Einzelpersonen.

Während in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Saarland und Niedersachsen Methadon-Programme als Studien begonnen beziehungsweise geplant sind, ist Bremen mit Hamburg das einzige Land mit vergleichbarer einzelfallbezogener Methadon -Regelung. Die Empfehlung soll von März an wirksam sein.