Begegnung von erster und dritter Welt in der Ehe

■ „Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten Frauen“ kämpft für rechtliche Gleichstellung

Die drei Frauen sind Deutsche. Aber schon beim hinteren Teil ihres Nachnamens fängt die „Dritte Welt“ an. Ihre Doppelnamen sind so bi-national wie die Ehen, die sie eingegangen sind: Beatrice Hecht-El Minshawi, Barbro Krüger-Baffoe, Barbara Scheibe-Ibrahim. Und spätestens beim Namen fängt auch das Problem an, das Rassismus heißt. Z.B. bei Beatrice Hecht-El Minshawi. Nach

dem ihr Name mehrmals in Zeitungsartikeln erwähnt worden war, war sie Telefonterror ausgesetzt, mußte sich ein halbes Jahr lang Sprüche anhören wie: „Dich haben sie vergessen zu vergasen“. Heute steht sie nicht mehr im Telefonbuch.

Die drei Frauen sind Kolleginnen. Sie arbeiten haupt- und ehrenamtlich in einer Organisation, die meistens zwischen den Stüh

len hockt: In der Frauenbewe gung kritisch beäugt, weil sie sich vorrangig über die Partnerschaft mit (bestimmten) Männern definiert. Und bei den Ausländergruppen gehört sie auch nicht recht dazu, weil sie vorrangig ein Zusammenschluß deutscher Frauen ist. Die Organisation heißt: „Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten Frauen e.V.“ („IAF“). 1972 ge

gründet, unterhält sie in der Bremer Neustadt ein Büro.

Nur die wenigsten ZeitgenossInnen ahnen, warum solch eine „Interessengemeinschaft“ vonnöten ist. Denn wer weiß schon, daß ein ausländischer Mann noch längst nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, wenn er eine deutsche Frau heiratet, daß er mit der Eheschließung noch nicht einmal ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erwirkt, sondern die ersten Ehejahre auf Gedeih und Verderben seiner Ehefrau ausgeliefert ist - muß er doch im Falle des Scheiterns der Ehe mit der Ausweisung rechnen.

Beatrice El-Minshawi sagt: „Je mehr man über das bi -nationale Thema weiß, desto schrecklicher wird es.“ 30.000 bi-nationale Ehen werden pro Jahr in der Bundesrepublik geschlossen, zu zwei Dritteln von deutschen Frauen. Ist ihr Partner ein sogenannter „Nicht-EG-Ausländer“, ist die Ehe von vornherein rechtlich belastet. Etliche Frauen aus der „Interessengemeinschaft“ sagen heute: „Ich würde nur noch einen Ausländer heiraten, wenn er 'ne Aufenthaltsberechtigung und 'ne Arbeit hat“. Mit Ärger betrachten die Frauen, daß bei AussiedlerInnen andere Maßstäbe angelegt werden. Wird zum Beispiel eine Aussiedlerin aus Polen als Deutsche anerkannt, werden ihr Mann und ihre Kinder au

tomatisch auch deutsch.

Als die Organisation „IAF“ 1972 gegründet wurde, gewährte die Ehe einem „Dritte-Welt-Ehemann“ ein noch geringeres Bleiberecht in der BRD als heute. War der Ehemann von Ausweisung bedroht, mußte sich die Ehefrau entscheiden: entweder sie ging mit ihm und den Kindern in die Fremde oder aber sie trennte sich von ihrem ausgewiesenen Mann. hier die Grafik

Anna Klaaßen

Die „IAF“ hat Verbesserungen erkämpft: Kinder aus bi -nationalen Ehen haben jetzt „Doppelstaatsangehörigkeit“ und die „deutschverheirateten“ Männer haben verstärkten Ausweisungsschutz. Aber eben noch immer kein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Letzteres hatten sich die IAF-Frauen von dem neuen Ausländergesetz erhofft. Doch das Gegenteil zeichnet sich ab: Mit dem neuen Gesetz ist der Aufenthalt des Ehemannes schon dann gefährdet, wenn er nicht in der gleichen Wohnung lebt wie die deutsche Frau. Und nach einer Scheidung muß ihm schon das

„Sorgerecht für ein minderjähriges, deutsches Kind“ zugesprochen sein, damit er auch weiterhin im gleichen Land wie seine „deutschen“ Kinder leben kann.

Im Büro der Bremer „IAF“ machen zwei ABM-Frauen und etliche Ehrenamtliche Beratung und Öffentlichkeitsarbeit, organisieren Bildungsurlaube und Feiern, in einem Raum betreut eine Chilenin die internationalste Kindergruppe Bremens. Jedes der sieben Kinder entstammt einer bi -nationalen Partnerschaft. Die IAF-Frauen hoffen, daß diese Kinder ohne rassistische Vorurteile aufwachsen. Barbro Krüger-Baffoe: „'Wo kommst Du denn her?‘, würden die einander nie als erstes fragen.“

Ihre Mütter sind täglich mit Rassismus konfrontiert. Dem eigenen und dem der Nachbarinnen. Die eine ist aus der Osterholzer Fremdenfeindlichkeit weggezogen. Die andere ist bis heute verletzt von der ablehnenden Reaktion der Eltern. Ärgerlich finden die Frauen auch scheinbar wohlmeinende Reaktionen: „Ihr Mann ist aber gut angezogen.“ Die Frauen machen sich auch keine Illusionen über den eigenen Rassismus als Ehepartnerinnen. Wenn etwa die Frau ihrem erwerbslosen Mann „afrikanische Mentalität“ vorwirft und seine Ausweisung betreibt.

Barbara Debus