Die Metamorphose der polnischen Kommunisten

Nach dem Auflösungs- und Neugründungsparteitag der PVAP gibt es nur noch Sozialdemokraten  ■  Aus Warschau Klaus Bachmann

Nach einem Tag Verlängerung endete gestern der Neugründungskongreß der Sozialdemokratie der Republik Polen (SdRP) mit der Wahl ihres Führungsgremiums, dem Hauptrat der Partei. Parteivorsitzender Alexander Kwasniewski und Generalsekretär Leszek Miller wurden mit überwältigender Mehrheit gewählt. In den aus 150 Personen zusammengesetzten Hauptrat kamen Vertreter fast aller Richtungen. Exponenten des konservativen Teils der alten Kommunistischen Partei, wie der ehemalige Parteichef von Warschau, Janusz Kubasiewicz und der bisherige Chefredakteur der 'Tribuna Ludu‘, Jerzy Majka, blieben außen vor.

Im Vergleich zur PVAP ist das Führungsgremium der SdRP tatsächlich mit jüngeren und reformfreudigeren Kräften besetzt. Für die Bevölkerung dürfte die junge Sozialdemokratie jedoch zunächst nicht viel mehr als eine Neuauflage der alten PVAP sein. Schon in seiner Abschlußrede griff der neue Vorsitzende Janusz Kwasniewski diese Vorbehalte selbst auf. Um sich von dem Stigma zu befreien, nur eine Umbenennung vorgenommen zu haben, kündigte die neue Partei sofort an, sie werde das von der PVAP eingebrachte Vermögen mit den anderen Gruppierungen der Linken teilen.

Neben der SdRP gibt es eine weitere Strömung, die sozialdemokratische Programmatik auf ihre Fahnen geschrieben hat. Am Wochenende scherte aus dem sozialdemokratischen Block innerhalb der alten PVAP Tadeusz Fiszbach mit der Gründung seiner Sozialdemokratischen Union Polens aus. Ihm ging es um „Glaubwürdigkeit, nicht um Einheit“. Programmatische Unterschiede zwischen beiden lassen sich bisher kaum ausmachen, lediglich gewisse christdemokratische Anklänge bei der Union, die sich zu Elementen der katholischen Soziallehre bekennt. Die Bedenken Fiszbachs liegen woanders: „Es gibt die starke Tendenz, die neugegründete SdRP als Oppositionsplattform gegen die Regierung zu benutzen. Das ist mit uns nicht zu machen.“ Noch denkt die Union allerdings nicht an eine Parteigründung, sondern soll Kräften ein Dach bieten, die sich nicht vereinnahmen lassen wollen.

Besorgt vor dem Wiedererstarken der ehemaligen Betonriege der PVAP in der SdRP äußerte sich auch ein führendes Mitglied der neuen Partei: „Wenn die folgenden Wochen zeigen, daß wir majorisiert werden, müssen wir halt doch unseren eigenen Verein aufmachen.“ Die trügerische Annahme einiger Delegierter, sie hätten die Einheit erhalten, wird nicht lange vorhalten: Von den knapp 170 Sejmabgeordneten der PVAP gingen nur 20 zur Sozialdemokratie und 25 zur Union über. Die Mehrheit ist einstweilen parteilos, so die Minister in Mazowieckis Kabinett und voraussichtlich auch General Jaruzelski. So ist aus dem Parteikongreß eine an beiden Flügeln gestutzte Nachfolge-PVAP herausgekommen. Die Überlebenschance dieses Gebildes aus Betonfraktion und Sozialdemokraten ist gering. Auf den Gängen wurde denn auch schon diskutiert, wer um der Glaubwürdigkeit willen aus den gerade gewählten Leitungsgremien wieder verschwinden müßte.