Fünf Millionen für Maschinen, Geräte und einen alten Turm

Beteiligung der Opposition mußte gegen SED-Stadtregierung durchgesetzt werden / Bürgermeister Schleiff kandidiert nicht wieder  ■  Aus Rostock H. Bruns-Kösters

Seit Jahrzehnten gammelt er vor sich hin, eigentlich sollte er abgerissen werden. Jetzt wird er renoviert und ein Renommierstück der Städtepartnerstadt zwischen Rostock und Bremen: Das Mönchentor am alten Rostocker Hafen. Mit einer Million Mark aus dem Bremer Landeshaushalt soll die Bremische Gesellschaft für Stadtentwicklung zusammen mit dem Rostocker Bauamt die Ruine am alten Hafen wieder instand setzen. Eine Investition mit Hintersinn: Denn in dem Tor soll nach der Renovierung ein noch zugründendes Bremen-Büro seine Arbeit aufnehmen.

Das ist ein Ergebnis des Besuchs einer Bremer Delegation unter der Leitung von Bürgermeister Klaus Wedemeier in Rostock. Ein Besuch, der nicht ganz ohne Komplikationen verlief. Denn obwohl die Bremer von vornherein klargemacht hatten, daß die Rostocker Opposition an den Gesprächen teilnehmen sollte, gab sich der SED-Rat der Stadt keine besondere Mühe bei der Vorbereitung. Wedemeier gestern in Rostock: „Wenn wir uns darauf verlassen hätten, daß das hier organisiert wird, dann hätte der Runde Tisch nicht mit am Tisch geseesen.“ Und zum vorherrschenden Bewußtwsein der noch herrschenden SED:

„Einige tun so, als könnten sie den nächsten fünf Jahres -Plan bereden.“ Schon beim Empfang am Montag abend war deutlich geworden, daß die Stadtregierung die Opposition immer noch nicht als selbstverständlichen Bestandteil des politischen Lebens ansieht. Nach Protokoll hatten nur die beiden Bürgermeister Wedemeier und Schleif ein paar Nettigkeiten sagen sollen. Doch zur großen Überraschung von Schleif gingen danach auch der Neue Forum-Pastor Jochen Gauck und der SPD-Vorsitzende Ingo Richter ans Mikrophon und sprachen ein paar deutliche Worte über die nach wie vor fehlende Gleichbehandlung der Opposition. Henning Schleiff hörte es mit versteinerter Miene. Für Schleif ist die politische Laufbahn nach den Kommunalwahlen in jedem Fall zuende. Wedemeier gestern auf einer Pressekonferenz für die Bremer Journalisten und ohne den Amtskollegen: „Schleiff kandidiert nicht wieder.“

Bei den Verhandlungen über die fünf Millionen hatte es zuvor aber kaum Differenzen zwischen allen Beteiligten gegeben. In mehreren Vorgesprächen hatten die Rostocker ihre Wünsche mit den senatorischen Dienststellen in Bremen abgestimmt. Ganz obenan: Maschinen, Geräte, Autos. So werden für den Abwasserbereich Spül-und Saugwagen,

zwei Bagger, Kompressoeren und ein Labor angeschafft. Außerdem werden demnächst acht Müllfahrzeuge, 30 Kleinlaster, medizinisches Gerät für eine halbe Millionen und auch ein behindertengerechter Kleinbus die Reise nach Rostock antreten.

Daß die Bremer Hilfe nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, weiß auch Wedemeier. „Die können auch fünf statt 50 Millionen gebrauchen.“ Damit nicht nur die bundesdeutschen Städte, die eine Partnerstadt in der DDR haben kommunale Programme finanzieren, fordert Wedemeier einen Fond, in den alle Kommunen einzahlen sollten: „Keine Kommune in der Bundesrepublik ist so arm, daß sie nicht helfen könnte. Ein bis zwei Milliarden Mark könnten so zusammen kommen.“

Neben mehreren Senatsdirektoren nahmen auch etliche Vertreter verschiedener Instituitionen an der Reise teil. So zum Beispiel die Bremer Stadtwerke, die dabei behilflich ein wollen, die Trinkwasserversorgung der Ostseestadt umzustellen. Bislang bezieht Rostock das Wasser noch aus der dreckigen Warnow, künftig soll das Grundwasser angezapft werden. Auch andere glauben sich nützlich machen zu kömnnen. So will die Landeszentrale für politische Bildung ein Wahl -ABC erstellen, das Institut

für Film und Fernsehen möchte gerne Koproduzent des DDR -Fernsehens werden und Angestellten- und Handelskammer wollen Kurse in Rostock durchführen.

Rat wollten die Rostocker auch von Bürgermeister Klaus Wede

meier. Und zwar sollte der als Chef eines Stadtstaates sagen, was er von einer möglichen Selbstständigkeit Rostocks hält. Nichts, ließ Wedemeier durch die Blume wissen. Das habe nur Sinn wenn die Finanzen „verläßlich, dauerhaft und ausreichend“ sei.

Rostock solle lieber versuchen Landeshauptstadt eines möglichen Bundeslamdes Mecklenburg-Vorpommern werden. Wedemeier: „Sonst wird an allen runden Tischen nur noch über das Ausmaß der Verschuldung gesprochen.