Altbausanierung gebremst

■ Das Abgeordnetenhaus ging mit dem Rotstift an die „ModInst„-Mittel heran / Ein Resultat dieser Mittelkürzung: längerer Sanierungsleerstand

Allein in Kreuzberg stehen zur Zeit 1.500 Wohnungen sanierungsbedingt leer und werden voraussichtlich länger als geplant unbewohnt bleiben müssen, weil das Abgeordnetenhaus die Mittel für die Modernisierung und Instandsetzung zusammenstrich: Nur noch 320 Millionen Mark statt wie im Vorjahr 340 Millionen stehen zur Verfügung (die taz berichtete). „Die Stadterneuerung stagniert wegen der fehlenden Gelder, deshalb wird der Leerstand nicht beseitigt“, erklärten Mieterberater gestern vor der Presse. Man erwarte, daß künftig mehr privat und teuer modernisiert wird. Beim Bausenator setzt man auf private Investoren in der Stadterneuerung, kritisiert Werner Orlowsky vom Verein SO36. „Dann wird hier alles so teuer und schick wie in München.“

„Häuser für 120 Millionen Mark Sanierungskosten in Berlin können nicht modernisiert werden, obwohl der Senat das bereits vertraglich zugesichert hat“, sagt Ursula Dyckhoff von der Neuköllner Mieterberatung ASM. Für Neukölln Nord, ein Stadtteil so groß wie Kreuzberg, stünden 1990 nur 16 Millionen Mark für sogenannte „umfassende Maßnahmen“ zur Verfügung. Angemeldet habe man gut 40 Millionen. Schöneberg bekommt nur 15 Millionen Mark, vertraglich vorgemerkt seien 44 Millionen. Auch der Wedding müsse in vergleichbarer Größenordnung Federn lassen. Kreuzberg steht mit 80 Millionen noch vergleichsweise gut da, hat aber Häuser für 140 Millionen Mark angemeldet. „Die Mieter sind zum Teil ausgezogen, andere warten in halbleeren Häusern auf gepackten Koffern“, meint man beim Verein SO36.

Für diesen Leerstand gibt es aber auch andere Gründe. „Vor allem die städtischen Gesellschaften entmieten die Häuser voreilig“, kritisierten Mieterberater gestern. Schleppende Baudurchführung sei ein weiterer Grund, finanzielle Nachforderungen der Eigentümer und Hausverkäufe während der Sanierung ebenfalls. Auch bei den Bürokraten hakte vieles. So lägen bei der WBK Modernisierungsanträge monatelang unterschriftsreif herum. „Sicherlich haben wir einen Riesenberg an Anmeldungen für die Modernisierung, wenn auch nicht so viele unterschriftsreife Häuser, wie die Mieterberater das behaupten“, wehrte sich dazu die Senatsbauverwaltung. „Aber das Abgeordnetenhaus hat im November beschlossen, nur 320 Millionen dafür anzusetzen. Wir hätten auch gerne mehr Geld.“

Die Mieterberater schlugen erst jetzt Alarm, obwohl die Mittelkürzung schon im November bekannt war, weil ihnen erst kürzlich im Detail mitgeteilt wurde, wann und wie sich die Gelder auf die einzelnen Bezirke verteilen. Aber zu spät sei es nicht, meint Orlowsky, man könne noch Gelder nachfordern. Zum Beispiel schlug der SPD-Abgeordnete Hajo Kohl vor, brauche man nun angesichts der Maueröffnung die 95 Millionen im Jahr für die Senatsreserve nicht mehr. Kohl, der die Mittelkürzung im Altbaubereich mitgetragen hat, verteidigte sich, er sei für den Haushaltsausschuß nicht zuständig gewesen.

esch