Islamische Privatschule - multikulturelle Meßlatte?

■ Der türkische Elternverein und die Ausländerbeauftragte melden Bedenken gegen islamische Privatschule an / Trägerverein dementiert Kontakte zu fundamentalistischen Kreisen / Eine Alternative wäre islamischer Religionsunterricht in staatlichen Berliner Regelschulen

Nach dem Berliner Freidenker Verband hat sich nun auch der „Türkische Elternverein“ gegen die Genehmigung einer islamischen Grundschule ausgesprochen. „Damit würden fundamentalistische Gruppen gesellschaftsfähig werden“, befürchtet Vorstandsmitglied Mehmet Eksi. Wie zudem aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, hat sich auch die türkische Regierung über die Eröffnung der Schule beschwert.

Auch in der Schulverwaltung herrscht sichtlich Unbehagen über den neuen Aspiranten im Kreis der Privatschulen. Gerade weil dieser Fall exemplarisch sei, erklärte Reiner-Maria Fahlbusch, persönlicher Referent von Schulsenatorin Sybille Volkholz, „wird von der Schulaufsicht ganz genau überprüft, ob der Träger sein Konzept auch wirklich einhält“.

Seit Oktober letzten Jahres besuchen siebzehn Kinder die Schule des Islamkollegs in der Kreuzberger Boppstraße, nachdem bislang nur eine „vorläufige Betriebsgenehmigung“ erteilt worden war. Der Unterricht entspreche den Rahmenplänen der deutschen Schulen, erklärte die Geschäftsführerin des Islamkollegs, Emen Algan, der taz. Unterrichtssprache ist deutsch, zusätzlich werden Arabisch und islamischer Religionsunterricht gelehrt. Eben dies fehle in den staatlichen Schulen, monierte Emen Algan. Unterrichtet werden die Kinder, die - so Algan - aus türkischen, pakistanischen und arabischen Familien stammen, von zwei deutschen Grundschullehrerinnen. „Die sind keine Muslime, aber gläubige Katholikinnen.“ Die Zugehörigkeit zu einer Konfession war Einstellungskriterium. „Atheisten hätten wir nicht genommen.“ Religionsunterricht wird von einer deutschen Muslimin erteilt.

Kritik, wonach hinter der Schule fundamentalistische Kreise stünden, weist das Islamkolleg weit von sich. Nun wird die islamische Privatschule Gegenstand der nächsten Sitzung des Schulausschusses sein. Dort will sich auch die Ausländerbeauftragte zu Wort melden. Sie sei nicht generell dagegen, daß Muslime Schulen eröffneten, erklärte Frau John, schließlich gelte das Prinzip der Religionsfreiheit. „Allerdings habe ich Bedenken, wenn einer islamischen Organisation, die erwiesenermaßen zu den dogmatischen gehört, einfach eine Genehmigung erteilt wird.“ Auch Fahlbusch hält es bildungspolitisch für den falschen Weg, „Kinder in Bekenntnisschulen zu separieren.“ Der bloße Vorwurf des Fundamentalismus reiche aber nicht aus, um der Schule die vorläufige Genehmigung zu verweigern.

Im Türkischen Elternverein befürchtet man eine wachsende Tendenz zur Islamisierung, woran das Berliner Schulsystem allerdings nicht unschuldig sei. Solange islamischer Religionsunterricht ignoriert wird, sieht Mehmet Eksi „ein Potential für diese Leute“. Wenn dieser zusammen mit der Zweisprachlichkeit jedoch gleichberechtigt eingeführt werde, hätten islamische Schulen keine Chance.

In der Berliner Schulverwaltung will man dieser Erkenntis nur zur Hälfte zustimmen. Islamischen Religionsunterricht einzuführen, „ist nicht unsere Sache“, meint Fahlbusch und verweist auf die Trennung von Schule und Religion. Auch christlicher Religionsunterricht werde nicht vom Staat, sondern von den Kirchen als Träger angeboten. Einen solchen Träger in der islamischen Religionsgemeinschaft zu finden, sei aber so gut wir unmöglich. „Mit wem soll man da verhandeln?“

anb