Kündigung bei Wamsler

■ Mitarbeiter gefeuert, weil er den Betrieb „menschenverachtend“ nannte / Bombendrohung verheimlicht

München (taz) - „Lieber Herr Steinert, wir sind zwar für Meinungsfreiheit (...), können aber nicht akzeptieren, wenn der Betriebsfriede gestört wird“, schrieb der Münchner Chef der Firma Wamsler dem ausgebildeten Soziologen und erteilte ihm Hausverbot. Kurz darauf flatterte dem 37jährigen Lothar Steinert die Kündigung ins Haus. Der als Maschinenführer und Emaillierer angestellte Münchner habe sich „in bewußt aufrührerischer Absicht ehrverletzend“ über die Firma geäußert, begründete die Geschäftsleitung den Rauswurf.

Der Hintergrund: Im August vergangenen Jahres ging bei Wamsler eine Bombendrohung ein. Die Geschäftsleitung holte die Polizei, um nach der Bombe zu suchen. Gefunden wurde nichts. Den Mitarbeitern wurde die Bombendrohung verschwiegen. Das Werk wurde nicht einmal evakuiert. Monate später kritisierte Lothar Steinert auf einer Betriebsversammlung den Vorfall und bezeichnete das Vorgehen als „fast menschenverachtende Haltung“. Er fragte vor versammelter Mannschaft: „Was wäre passiert, wenn die Bombe mitsamt der Belegschaft hochgegangen wäre?“ Für die Wamsler -Bosse war er damit erledigt. „So renitente Männer können wir in unserem altehrwürdigen Betrieb nicht brauchen“, erklärte Geschäftsführer Alois Taschannerl. Aber auch der Betriebsrat war mit der Kündigung Steinerts einverstanden. Die Betriebsräte fühlten sich nämlich von dem aufmüpfigen, couragierten Kollegen beleidigt. Denn zusammen mit der Geschäftsleitung hatten sie eine Evakuierung des Betriebs bei der Bombendrohung nicht für notwendig gefunden. Von seinen Kollegen wurde Steinert jedoch unterstützt. Auf einem Flugblatt forderten sie die Rücknahme des Hausverbots und der Kündigungsdrohung und fragten laut: „Wie steht's mit der Meinungsfreiheit?“ In einem Anschlag am Schwarzen Brett antwortete die Geschäftsleitung dreist: „Gut steht's mit der Meinungsfreiheit.“ Inzwischen ist Steinert vors Arbeitsgericht gezogen und wartet auf eine Abfindung.

lui