Saarland: Übersiedler nach Frankreich

■ DDR-Familien werden im lothringer Grenzgebiet untergebracht

Bonn/Saarbrücken (taz) - Die saarländische Landesregierung wird Übersiedler aus der DDR vorübergehend in Frankreich unterbringen, weil die einheimischen Unterkünfte nicht ausreichen. Wie gestern bekannt wurde, sollen ab 15.Februar rund 200 Übersiedler Wohnungen im grenznahen französischen Lothringen beziehen. Diese Regelung wurde zwischen dem Staatssekretär im Saarbrücker Sozialministerium, Weber, und dem französischen Generalkonsul in Saarbrücken, Paul Copigneaux, vereinbart.

Nach Mitteilung des Sozialministeriums stellt die „Gesellschaft der lothringischen Steinkohlegruben“ in Farebersviller, 15 Kilometer von der Grenze entfernt, fünf komplett eingerichtete Häuser mit je sechs Wohnungen zu Verfügung. Das Saarland übernimmt die Kosten und bleibt auch für die soziale Betreuung der Übersiedler zuständig. Auf freiwilliger Basis sollen vor allem Übersiedler-Familien mit nichtschulpflichtigen Kindern nach Frankreich umziehen.

Zur Begründung der ungewöhnlichen Maßnahme sagte Staatssekretär Pitt Weber gestern, im Saarland lebten bereits 250 Übersiedler in Turnhallen; die Anmietung weiterer Sportstätten sei „sozial nicht verträglich“. Weber: „Der Bundeskanzler spricht von einer großen nationalen Aufgabe und überläßt die Probleme den Ländern. Das geht nicht so weiter.“

Nach drei Monaten soll überprüft werden, ob sich die Zusammenarbeit mit Frankreich bewährt. Nach Ansicht der saarländischen Landesregierung könnte die Unterbringung von Übersiedlern im Ausland kein einmaliger Fall bleiben. Die Sozialministerin Brunhilde Peter erklärte gestern nachmittag, diese „grenzüberschreitende Gemeinschaftsaktion“ sei ein „europäisches Pilotprojekt“, das „bei Bewährung Schule machen“ könne. Nicht nur die französische Regierung in Paris, sondern auch die Bonner Regierung habe der Kooperation zugestimmt und sie als „beispielhafte Nachbarschaftshilfe“ gewürdigt. Aus dem Bonner Innenministerium war dazu gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

cw