Viel verlangt-betr.: "Das ewige Jammern lähmt und schreckt ab", "Männerbund mit Frauenquote", taz vom 15.1.90, "Aufbruch zu neuen Ufern", taz vom 24.1.90

betr.: „Das ewige Jammern lähmt und schreckt ab“ von Claudia Pinl, „Männerbund mit Frauenqote“ von Regina Michalik, taz vom 15.1.90, „Aufbruch zu neuen Ufern“ von Marieluise Beck -Oberndorf/Elke Kiltz, taz vom 24.1.90

Regina Michalik hätte wissen müssen, daß feministisches Engagement in gemischten Gruppen immer Verschleiß bedeutet (übrigens auch in nichtgemischten, weil das Patriarchat dafür kaum Belohnungen bereitstellt). Eine Frauenpartei mit entsprechendem Programm könnte feministische Ziele vielleicht eindeutiger repräsentieren. Aber davor würde viel Organisationsarbeit liegen, die wohl noch mehr Verschleiß mit sich bringen würde als das Sich-anhängen an männlich dominierte Parteigründungen (ganz abgesehen von der Fünf -Prozent-Hürde). Und - wie dem auch sei - eine Partei bleibt immer patriarchal geprägte Struktur; die Arbeit darin bedeutet prinzipiell den Verschleiß feministischer Ziele. Auch das hätte sich Regina Michalik vorher klar machen könhnen.

Claudia Pinl hat sich diese Gedanken offensichtlich früher gemacht, und sie signalisiert ja auch, daß ihr alles leichter fällt, da sie für ihr frauenpolitisches Engagement eine gut bezahlte BAT-Stelle hat. Ich meine, daß weder unter Verschleiß noch bei BAT-Bezahlung eine wirklich innovative politische Feminismusarbeit entstehen kann.

Solche Arbeit kann zudem nur außerparlamentarisch heranwachsen und nur in einem Klima positiver emotionaler Substanz unter Frauen. Nur „tolle Kolleginnen“, wie Claudia Pinl sagt, genügen da nicht.

Schließlich: Jede Frau, die sich trotzdem für Parteiarbeit entscheidet, die aktuell und immer auch pragmatisch Frauen wie Männer betrifft, muß sich an die Aussagen von Marieluise Beck-Oberndorf und Elke Kiltz halten und tragfähige Problemlösungen „zwischen frauenorientierten (feministischen?) und nichtfrauenorientierten Ansätzen“ in den verschiedensten Politikfeldern formulieren.

Für diese Knochenarbeit sind Puristinnen und Gralshüterinnen - wie die Autorinnen sagen - wirklich fehl am Platz. Dafür, wie auch für das außerparlamentarische Engagement brauchen wir leistungsbereite, tolerante, identische, flexible, uneitle und gütige Mitstreiterinnen.

Ein bißchen viel verlangt? Vielleicht, aber darunter ist für Frauen letztlich nichts zu haben! Wir können es uns eben weniger leisten als die Männer, zwischen unserem politischen Anspruch und unserer Lebenspraxis die bekannte Lücke klaffen zu lassen.

Ursula Linnhoff, Frauen der Welt e.V., Köln