NS-Massenmord bestätigt

Münster (taz) - Im Mordprozeß gegen den früheren lettischen Polizeioffizier Boleslavs Maikovskis (86), der vor dem Landgericht in MÜnster angeklagt ist, an der Ermordung von 170 Menschen aus dem lettischen Dorf Audrini im Jahr 1941 maßgeblich beteiligt gewesen zu sein, brachte die Vernehmung des ehemaligen deutschen SS-Offiziers Günter Tabbert am Donnerstag in keinem Punkt eine Bestätigung der Anklage. Wie weit Maikovskis selbst beteiligt war, steht nach der Aussage Tabberts weiter dahin.

Klar wurde am Donnerstag aber, daß entgegen der Darstellung durch die deutschen Behörden tatsächlich alle Dorfbewohner im Rahmen einer Vergeltungsaktion ermordet wurden. Das geht aus einer geheimen „Ereignismeldung“ der berüchtigten Nazi -Einsatzgruppe A hervor, die im Gericht verlesen wurde. Darin meldet die in den Jahren 1941-44 in Lettland bei der Partisanenbekämpfung und der Judenvernichtung wütende Truppe buchhalterisch den Vollzug des Mordauftrages. Unter der Überschrift „Geheime Reichssache“ wird in der Meldung mitgeteilt: „Auf Anordnung des Kommandanten der Sicherheitspolizei wurden 81 Männer, 88 Frauen und 51 Kinder erschossen.“ Nach Darstellung der deutschen Nazibehörden sind demgegenüber „nur“ 30 männliche Dorfbewohner zur „Abschreckung“ erschossen worden. Die Zahl gibt aber lediglich die öffentlich Erschossenen wieder. Frauen, Kinder und Greise wurden nachts in den umliegenden Wäldern ermordet.

J.S.