„Berlin wird wieder Hauptstadt sein“

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper (SPD), hat gestern auf der ersten Station seines zweitägigen Staatsbesuches in Paris Gespräche mit dem Bürgermeister von Paris, Jacques Chirac, und dem französischen Außenminister Roland Dumas geführt, in denen er für ein direktes Wahlrecht für die Westberliner zum Bundestag geworben hat. Die westlichen Alliierten müßten die halbkoloniale Situation Berlins beenden und auch einem vollen Stimmrecht der Berliner Abgeordneten im Bundestag und Bundesrat zustimmen, erklärte Momper vor der Presse.

Von seiten französischer diplomatischer Kreise wurde die Bereitschaft der Westmächte unterstrichen, eine derartige Reform zu prüfen, gegen die keine „politischen Vorbehalte“ bestünden. Die damit verbundenen juristischen Probleme müßten aber noch geregelt werden.

Momper unterstrich in Paris auch die Notwendigkeit einer baldigen KSZE-Folgekonferenz in Berlin, die eine Friedens und Sicherheitsordnung für Europa erarbeiten müsse, auch als Rahmen für eine Wiederherstellung der deutschen Einheit. In einem Thesenpapier sprach sich Momper indirekt für Berlin als künftige Hauptstadt einer deutsch-deutschen Konföderation aus: „Berlin wird wieder Hauptstadt sein, wenn die Deutschen das wollen.“

Gleichzeitig war es ihm aber wichtig zu betonen, daß innerhalb einer neuen europäischen Föderation die Hauptstädte ebenso wie die Nationen in ihrer Funktion reduziert sein würden. Als möglichen Zeitraum für eine deutsch-deutsche Konföderation nannte Momper einen Zeitraum, der „von heute an nicht mehr als fünf Jahre betrage“. Dem Pariser Bürgermeister Chirac gegenüber versicherter Mopmer auf kritische Nachfragen, die polnische Westgrenze werde in der jetzigen Form anerkannt werden. Momper reiste gestern abend nach London weiter, um dort mit dem britischen Außenminister Sir Douglas Hurd und dessen Staatsekretären über die gleichen Themen zu sprechen.

kd/ccm