400 Prozent mehr Drogen- und Waffenschmuggel?

■ Stichproben der DDR-Zöllner an den innerstädtischen Grenzübergängen: Nur wenige der Schmuggler und Dealer werden geschnappt - und meistens nur mit kleinen Menschen Haschisch / Gelegentlich werden bei Stichproben auch Waffen entdeckt

Wie Don Quichotte müssen sich die DDR-Zöllner vorkommen, bei ihrer täglichen Suche nach Geld, Waffen und Drogen. „Wir können das objektiv nicht schaffen“, so Oberstleutnant Günther am Übergang Prinzenstraße. Gelegentlich zappelt im Netz der stichprobenartigen Kontrollen auch hin und wieder mal ein kleiner Fisch. Besonders stolz ist man auf den Fang vom letzten Montag. Ein 27jähriger Italiener wollte, in seinem Kofferraum versteckt, 60 Gramm Haschisch nach Ost -Berlin schmuggeln. Der Stoff war bereits in Tütchen „verbraucherfreundlich“ abgepackt. Diese Menge, sowie Funde von 54 und 17,6 Gramm in den letzten Wochen, deuten nach Ansicht von Frau Günther darauf hin, „daß die Dealer jetzt in der DDR einen neuen Absatzmarkt sehen“.

Die Grundlage dafür ist zweifelsfrei vorhanden. Besonders in den Großstädten sind die Kids heiß auf alles Neue. In der Szene am Prenzlauer Berg wird das Gramm Haschisch bereits für 30 Mark Ost verkauft. Der Markt wird sich vorerst aber noch auf die „weichen“ Drogen beschränken müssen. Denn für Heroin und andere harte Stoffe fehlt vielfach das (West -)Geld. So steht dann auch die eigentliche Invasion erst noch bevor. Jedenfalls werden bestimmt andere Transportwege beschritten als über die Prinzenstraße. Als nahezu gefahrloser Einstieg ins „Dealerparadies DDR“ böten sich hierbei die Transitstrecken an. Über die innerstädtischen Grenzübergänge Friedrichstraße und Oberbaumbrücke gelangen jedenfalls nur Kleinstmengen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Drogen, die für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind.

Das eigentliche Problem sehen die Zöllner im Waffenschmuggel. An der Oberbaumbrücke fand man in den letzten Tagen verstärkt Schreckschußpistolen, Kartuschen und „scharfe“ Waffen. Am Dienstag wurde eine 8mm-Pistole sichergestellt. Im Bahnhof Friedrichstraße wird traditionell besonders stark kontrolliert. Dabei nimmt man vor allem Jugendliche zwischen 20 und 30 Jahren „auseinander“ und fast kein junger Ausländer kann ungehindert passieren. Sie scheinen für die Grenzpolizisten noch am ehesten den Typ des „Schmugglers“ und Dealers zu verkörpern. Nach eingehendem Durchsuchen, selbst die Zigarettenpackungen werden der Röntgenstrahlung ausgesetzt, gelangen die meisten unbescholten in den anderen Teil der Stadt. Bloß mit der Beschlagnahme ihrer Gegenstände haben die zu rechnen, bei denen man fündig geworden ist.

Im Januar wurden hier „60 Schreckschußpistolen mit fast 600 Schuß Munition eingezogen“. Der Leiter des Grenzzollamtes Barth geht inzwischen davon aus, daß gegenüber den Funden „vor dem 9. November ein Anstieg um 300 bis 400 Prozent festzustellen ist“. Dieser Trend des letzten Monats „wird sich weiterhin nach oben entwickeln“.

Fred Kowasch