Bei Oskar auf'm Sofa

■ Große Journalisten an Salat von Macht

Klappe eins: „Oskar Lafontaine sitzt auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer, neben ihm Gerhard Schröder.“ Am Wahlsonntag muß es in Oskars Wohnzimmer noch einen Sessel gegeben haben. Darin sitzt Martin E. Süskind, Bonner Korrespondent der 'Süddeutschen Zeitung‘, um uns, dem gemeinen Fußvolk, für die Dienstagsausgabe aus der intimen Oskar-Atmosphäre zu berichten: Daß zum Beispiel der Gerhard „sogar nervöser“ ist als der Oskar und der Oskar nur „überrascht“ ist „von der Größe des Erfolgs“. Hach! Mit den Großen der Zeit auf du und du, so ganz intim zu dritt...

Klappe zwei: Die Kamera ein Stück zurück und - Donner wetter - noch ein Sessel! Werner A. Perger ist für den 'Stern‘ am Donnerstag ebenfalls eingetaucht in „diese herrliche Spannung vor der Bescherung“, das „kribbelige Warten“: „Die kleine Runde vertreibt sich die Zeit, sie politisiert.“ Hach! Und Herr Perger mittendrin! Nun erfährt man endlich Einzelheiten: Nach dem Kaffee gibt es Weißwein, und zwar nicht aus der Flasche, sondern „aus dem Friaul“. Und „Freundin Christa Müller hat Salat gemacht“, während die Männerrunde „pointierte Meinungen austauscht“.

Klappe drei: Nein sowas! Der Gunter Hofmann von der 'Zeit‘ ist auch noch da! Jetzt sind wir aber enttäuscht: War das denn eine Massenabfertigung in Oskars Wohnzimmer? Zum Glück verschont uns Herr Hofmann mit weiteren Details über Sofa, Wein und Freundin. Er steigt gleich bei der zweiten wahnsinnig intimen Runde an jenem ereignisreichen Sonntag ein: Spätabends, beim Saarbrücker Spanier „Enrique“, der „hinreißend singt“, während Oskar „hingegeben lauscht“. Wieder der „Kreis weniger Freunde“ ('SZ‘), Oskar „feixt“ ('Stern‘), und es gibt es Lieder von „Liebe, Schmerz, Frauen und Erfolg“ ('Zeit‘), von „Sieg, Wein, Weib und Gesang, vom Leben halt“ ('SZ‘). Hach: große Männer, große Journalisten, große Welt - und irgend jemand macht immer Salat. Müssen wir das alles wirklich lesen?

Charlotte Wiedemann