Verkehrswende an Rhein und Ruhr?

■ Der größte bundesdeutsche Verkehrsverbund führt endlich die Umweltkarte ein und will die Autofahrer von der Straße holen

Essen (taz) - Auf der ersten Versammlung des neustrukturierten Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) wurde gestern in Essen über ein Umweltticket, über Preissenkungen und Vereinfachungen des Tarifsystems beraten.

Damit will nun endlich auch der größte bundesdeutsche Verbund im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) „eine Trendwende einleiten“. Zum 1.August soll das übertragbare Umweltticket, das, je nach Gültigkeitsbereich, zwischen 59 und 120 Mark kosten wird, eingeführt werden. Der VVR umfaßt über das Ruhrgebiet hinaus Wuppertal, Teile des Bergischen Landes, Düsseldorf und linksrheinische Städte wie Mönchengladbach - ein Gebiet mit über sieben Millionen EinwohnerInnen.

Nach einem Fahrgastverlust von 18,5 Prozent in den ersten zehn Jahren des 1980 gegründeten Verbundes, sollen nun, wie andernorts vorexerziert, mehr AutofahrerInnen von den verstopften Straßen geholt werden. Dazu will man, neben den Preissenkungen, vor allem die Angebote zu Spitzenverkehrszeiten verbessern. Jahrelang hatten sich die Verkehrsbetriebe stur gegen Umwelttickets und Preissenkungen gewehrt. Doch nach der Umstrukturierung bestimmen jetzt die Kommunen die Politik im VRR. Sie hatten im letzten Jahr über 700 Millionen Mark an Verlusten zu tragen. Nach der Umstrukturierung wirtschaftet jeder Verkehrsbetrieb zunächst für sich, damit sollen Einnahmen und Verluste transparenter werden.

Heftig kritisierten gestern die Grünen die Zusammensetzung des VRR-Parlaments. In die 72köpfige Versammlung schicken sie nur einen Vertreter, obwohl sie, bezogen auf das Verbundgebiet, bei den Kommunalwahlen gut neun Prozent der Stimmen bekamen. Die FDP mit 5,7 Prozent hat dagegen zwei Vertreter, kann damit eine Fraktion bilden und ist in den Ausschüssen vertreten, wo die Grünen fehlen. „Nach unseren Wählerstimmen stünden uns eigentlich in jedem Fachausschuß zwei Mandate zu. So haben wir aber praktisch keinen Einfluß auf die Politik des VRR“, meint der grüne Vertreter im Parlament, Dirk Karbjinski. Möglich wurde die Trickserei durch das Wahlverfahren, das es der Mehrheits-SPD erlaubte, die Grünen draußen zu halten, während CDU-FDP Koalitionen FDP-Vertreter nominierten. Die Grünen kündigten jetzt eine Klage gegen ihren Rausschmiß an.

bm