Krenz optimistisch

■ Ewig lächelnd lächelt er bei „III nach Neun“

Was geht in so einem vor sich, der 30 Jahre seines Lebens im Dienste einer Karriere oder einer Idee oder einer Staatsmacht ackerte und ganz nach oben kam und dann innerhalb von wenigen Wochen ganz tief stürzte? Egon Krenz steht voll hinter den „Reformen“ der DDR-Regierung und hat gerade den neuesten Schwenk Modrow's zur Einheit hin nachvollzogen - selbst wenn es um die Auflösung dieser Staatsmacht geht, bleibt Krenz fröhlich der treue Sohn der DDR, bis zum bitteren Ende.

Der Moderator Giovanni di Lorenzo versucht sich an die Person heranzuschleichen, fragt nach Krenz‘ Gefühlen, etwa, als er seinem Ziehvater Honecker den Ausschluß aus der Partei persönlich überreichte. Er habe die Botschaft überbracht, Honecker habe nicht weiter nachgefragt und man habe sich seitdem nicht mehr gesehen, sagt Krenz. Die Frage ist ihm schon einmal (im Zeitungsinterview) gestellt worden, er kann die Antwort, dennoch scheint er sich nicht wohl dabei zu fühlen. Was empfindet Egon Krenz gegenüber diesem Menschen, an dessen Lebenswerk er die Hoffnung seines Lebens geknüpft hat? Di Lorenzo fragt nicht nach, macht den nächsten Versuch der Annäherung: China. Krenz leugnet lautstark, er habe die „chinesische Lösung“ - Krenz benutzt das alte Parteiwort - nie befürwortet.

Aber was war mit der Bemerkung von den „Horrordarstellungen in den BRD-Medien“, mit denen Krenz damals die unbequeme Wahrheit abtat? Was mit der beifällig billigenden Bemerkung, in China sei nur „etwas getan worden, um die Ordnung wiederherzustellen“?

Di Lorenzo ist peinlich schlecht vorbereitet. Er fragt nicht nach, ihm kann man alles auftischen, Lorenzo fragt nicht, warum unter dem angeblichen Reformer Krenz als Staatspräsident Wolf Biermann nicht in einer Ostberliner Kirche singen durfte. Nach einigen Anläufen läßt er sich das Gespräch aus der Hand nehmen, läßt den bayerischen Polterdemokraten Huber (CSU) antreten gegen Krenz - und da ist der gestürzte SED-Chef, unterstützt von der gestürzten Grünen-Sprecherin Jutta Ditfurth, rhetorisch weit überlegen. Das Publikum ist verführbar, verliebt sich in den Alt -Stalinisten. Also nichts Neues über Krenz, verpaßte Fernseh -Chance. Mehr wußten wir von Wolf Biermann: „Es ist der verlogene und geistarme Optimismus, es ist die monotone Kraft-durch-Freude-Fröhlichkeit, die uns seit Jahrzehnten aus diesem verwüsteten FDJ-Gesicht entgegenlacht...“

K. Wolschner