Frauengesetz „männlich“

■ Personalrätinnen lehnen Gesetzentwurf der Gleichstellungsstelle ab

Eine Personalrätin nach der anderen sagte am vergangenen Dienstag der Gleichstellungsstelle die Meinung - über das geplante „Gleichstellungsgesetz“. Und zwar so deutlich wie noch nie: Irmtrud Gläser, die Vorsitzende des ÖTV -Kreisfrauenausschusses: „Wir wollen ein solches Gesetz nicht haben, weil es uns eher behindern wird, als daß es uns nützt.“ Heidi Brinkema (Personalrätin bei der Deutschen Bundespost Telekom) legte noch nach: „Das, was bei diesem Gesetzentwurf rausgekommen ist, hätten wir ruhig den Männern überlassen können.“

Diese mittlerweile dritte Auseinandersetzung über das geplante „Gesetz zum Abbau der Benachteiligung der Frau“ ließ an Schärfe nichts mehr zu wünschen übrig und fand in konzentrierter

Atmosphäre im DGB-Haus am Bahnhofsplatz statt. Rund 70 interessierte Frauen in den Dreißigern und Vierzigern sowie drei Männer hatten sich dort versammelt.

Bereits Ende September 1989 hatte die Gleichstellungsstelle ihren Gesetzesentwurf der Öffentlichkeit vorgelegt. Jetzt, nach mittlerweile drei Monaten Diskussion, hatte sich die Kritik vieler Personalrätinnen zu einer klaren Ablehnung verdichtet. Die formell wichtigste Adressatin der Kritik ist inzwischen jedoch nicht mehr die Gleichstellungsstelle, sondern die SPD-Frauenriege in der sozialdemokratischen Bürgerschaftsfraktion. Letztere hatte sich den Gesetzentwurf zu eigen gemacht - mit der Begründung, ihn „möglichst schnell“ in die Bürgerschaft einzubringen.

Immerhin drei weibliche SPD-Bürgerschaftsabgeordnete hatten am Dienstag den Weg ins DGB-Haus gefunden. Eine, Elke Steinhöfel, blieb bis zum Schluß und berichtete der Versammlung, sie könne über die Änderungswünsche der SPD -Frakions-Frauen nichts Genaues sagen, denn deren Diskussionen seien „noch nicht ausgereift“. Diese Äußerung nahm die Radio-Bremen-Personalrätin Barbara Schleich zum Anlaß, das Demokratieverständnis der SPD-Frauen zu hinterfragen: „Ich bin äußerst mißtrauisch. Auf eine sehr schmalspurige Art wird hier Recht geschrieben.“

Sie und ihre NachrednerInnen wiesen wiederholt auf den versammelten weiblichen Sachverstand im Saale hin und darauf, daß die SPD-Fraktions-Frauen gut

daran täten, wenn sie sich den im Gegensatz zur Gleichstellungsstelle zu Nutze machten. Die SPD-Abgeordnete Elke Steinhöfel erklärte daraufhin: „Wir wären ja Ignoranten, wenn wir das hier alles vorbeirauschen ließen“ und deutete an, die SPD-Fraktions-Frauen könnten ihren Zeitplan zugunsten von Gesprächen mit den PersonalrätInnen verschieben.

Die grüne Frauenreferentin Maria Spieker versicherte den SPDlerInnen: „Wir haben nichts dagegen, wenn abgeschrieben wird.“ Hat doch der Gesetzentwurf der Grünen, der sehr viel ausgefeilter ist als der der Gleichstellungsstelle, die Kritikpunkte der Personalrätinnen berücksichtigt: Im grünen Entwurf ist die Frauenbeauftragte nicht beim Dienststellenleiter, sondern beim

Personalrat angesiedelt, die Quotierung ist durch klare Zahlenvorgaben verbindlich geregelt, und die Bedürfnisse der Teilzeitbeschäftigten haben ihren Niederschlag gefunden. Doch außer den grünen Rednerinnen selbst nahm keine der anwesenden Gewerkschafts-und SPD-Frauen auf den grünen Entwurf Bezug.

Eine Rednerin stellte schließlich das gesamte rot-grüne Quotierungskonzept, mit dem qualifizierte Frauen in gehobene und höhere Posten kommen sollen, in Frage: Ihr habe die Inschrift an der Universität zu denken gegeben: „Quotierung für die Putzfrauen.“ Sie schlußfolgerte: „Daß wir immer nur an den Dächern bauen, ist einer der Gründe, warum wir nur so langsam Fortschritte machen.“

Barbara Debus