Die Anderen: Financial Times/Observer/Jerusalem Post/La Repubblica/Il Messaggero

Financial Times

Das britische Wirtschaftsblatt ist für die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen das südafrikanische Regime

Keiner sollte die Aussichten auf Erfolg unterschätzen. Der Abgrund zwischen der ANC-Forderung nach einer Verfassung, die den Führungsanspruch der Mehrheit anerkennt, und (Staatspräsident) de Klerks auch gestern wieder betonter Absicht, an einem System festzuhalten, das auf Gruppen (oder Rassen-) Rechten besteht, scheint unüberbrückbar. Es ist nicht Sache der Außenwelt, den Rahmen für eine neue südafrikanische Verfassung zu diktieren. Auch ist es noch nicht an der Zeit, die Sanktionen zu lockern. Der richtige Gebrauch dieses Druckmittels kann beide Seiten in Richtung Kompromiß drängen. Auf die Freilassung Mandelas sollte der Westen mit koordiniertem Verhalten reagieren und Reformen in Südafrika mit der schrittweisen Aufgabe von Sanktionen begleiten.

Observer

Das liberale britische Blatt zum selben Thema

Die Zeit ist noch nicht reif für den totalen Abbau der Sanktionen. Der Reformprozeß hat zwar begonnen, aber die Weißen müssen erst noch fühlen, was es bedeutet, so viele langgehegte Illusionen aufzugeben. Wenn das Klima der Reformen erhalten bleiben soll, muß der Druck, der es herbeigeführt hat, ebenfalls bestehen bleiben, und das schließt auch die Sanktionen ein. Die Zeit für eine Abkehr von Sanktionen ist reif, wenn Einigkeit über eine neue Verfassung besteht, nicht, solange die Verhandlungen darüber noch nicht einmal begonnen haben...

Erstmals seit Jahrzehnten kann man optimistisch sein, daß sich die Dinge in Südafrika in die richtige Richtung bewegen. Nach einem Jahr mit derart umwälzenden Ereignissen in Osteuropa scheint auch Südafrika bereit zu sein, den Weg in Richtung Demokratie und Freiheit zu beschreiten... Wenn es auch noch nicht das Ende ist, so ist es zumindest der Anfang vom Ende der Apartheid.

Jerusalem Post

Die israelische Tageszeitung hält die Wiedervereinigung Deutschlands für unvermeidlich

Die Wiedervereinigung Deutschlands ist gewiß. Sie mag verzögert werden. Sie mag in Stufen kommen. Sicherlich wird sie von Irritationen und Machtkämpfen begleitet sein. Aber sie wird kommen. Sie ist eine unvermeidliche Konsequenz der anti-kommunistischen Revolution in Ost-Europa... Für Juden sind die Ängste darüber mit dem Gefühl verbunden, daß das Entstehen eines Super-Deutschlands weniger als 50 Jahre nach dem Holocaust nicht nur gefährlich, sondern auch eine Beleidigung für die Gerechtigkeit der Geschichte ist ... Was dabei jedoch gewöhnlich vergessen wird, ist, daß die Besorgnis über die Größe und Macht eines vereinigten Deutschlands eine tief sitzende Angst über den deutschen Charakter verdeckt, von dem man glaubt, daß er fast natürlich ruchlosen und diktatorischen Regimen zuneigt. Doch die Deutschen haben weder ein exklusives Urheberrecht auf das Böse noch ein Monopol auf den Totalitarismus und Antisemitismus. Der Holocaust wurde von Deutschen verübt, und dies darf und kann nicht vergessen werden - aber er hätte nicht ohne die aktive Kollaboration praktisch jeder einzelnen Nation in Europa stattfinden können. Hitlers völkermörderischer Wahn und seine Vernichtungsmaschinerie haben in der Geschichte nicht ihresgleichen. Doch wenn es um die reinen Zahlen von Opfern geht, wurde er doch von Stalin übertroffen.

La Repubblica

Die linksgerichtete römische Zeitung zu Gorbatschows neuesten Reformbestrebungen

Die Diktatur der Partei geht in der UdSSR unter. Es ist das Ende des Dogmas von der einzigen, einheitlichen, unteilbaren und pan-sowjetischen Partei, das erst vor drei Tagen vom Führer des konservativen Flügels, Jegor Ligatschow, in einem Interview öffentlich hochgelobt wurde... Gorbatschow ist am Punkt des extremen Risikos angelangt. Seine Autorität kann nur wiederhergestellt werden, wenn er der diskreditierten sowjetischen Führung ihre Autorität zurückgibt, und das bedeutet, die Partei radikal zur reformieren, um dann auf Distanz gehen zu können.

Il Messaggero

Die liberale römische Zeitung zum selben Thema

Der 28.Parteikongreß der KPdSU wird vorgezogen werden. Die Nachrichtenagentur 'Tass‘ kündigt gar eine andere Innovation an: die Wahl der Delegierten auf regionaler Ebene. Gorbatschow entzieht durch diese Beschleunigung seinen härtesten Gegnern im Zentralkomitee den Boden unter den Füßen. Jeder von ihnen müßte vor allem an seine Wiederwahl denken. Die Indiskretionen, nach denen Gorbatschow über einen Rücktritt vom Amt des Generalsekretärs nachgedacht hat, waren also wahr - aber nur, um seine Gegner besser in den Sack stecken zu können. Inzwischen marschiert man mit raschen Schritten auf eine Präsidial-Republik zu... Es ist klar, daß Gorbatschow, wenn er erst mal zum „neuen“ Staatschef gewählt sein wird, keinerlei Absichten hat, auch Chef der dann umstrukturierten KPdSU zu bleiben. Und das wird 1990 geschehen.