Polizeiboxen: Bilateral auf die Augen

■ Polizeiboxer aus New York und der BRD wollen aus alter Freundschaft aufeinander eindreschen

Lob der Männerfreundschaft: Am 28. September diesen Jahres wollen bundesdeutsche Polizeiboxer in der Stadthalle gegen Ordnungshüter aus New York zum Fight antreten. In neun Gewichtsklassen wollen die beiden Mannschaften austesten, wer im nackten Faustkampf gegen die Unterwelt die besseren Erfahrungen gesammelt hat. Eine Art „Bruderschaft der Polizisten“ soll nach Angaben von John Carlton, Manager der amerikanischen „Streetfighters“, aus diesen Kämpfen wachsen. Der Veranstalter, eine Münchener Promotion-Firma, will um die Kämpfe eine edle Gesellschaft gruppieren: Solvente Geschäftsleute aus Bremen und Umgebung können für 2.500 Mark einen Tisch für zehn Personen in Ringnähe kaufen. Bei Brot und Spielen können dann die dinner-bejackten Business -Honoratioren Verhandlungen führen und Verträge abschließen. „Box-Gala“ heißt das im PR-Jargon: Und damit den Gala-Gästen statt Schampus nicht die Schweißtropfen der Kämpen in den Sektkelchen perlt, werden die Fights für die Dauer des First -Class-Menues eingestellt.

Jürgen Wedding, Hauptkommissar aus Berlin und Trainer der bundesdeutschen Faustkämpfer, sprach gestern voller Bewunderung von den amerikanischen

Großstadtdschungeljägern, die bereits 1988 den bundes deutschen „Kameraden“ (Wedding) in Atlantic City auf die Omme gehauen hatten. „Wir haben in New York einige Rundfahrten gemacht und uns angeguckt, wie die Jungs da arbeiten.“ Harlem und so, überall schwere Jungs, da hätten „wir hier“ überhaupt keine Vorstellung. Achtzig Prozent der New Yorker Polizeimannschaft bestünde aus Schwarzen, die „aus der Karibik, Puerto Rico“ kommen. Die hätten eine ganz andere Mentalität und deshalb auch eine andere Einstellung zum Boxen.

Auf der anderen Seite stünden die eher traditionellen Box

kämpfer der bundesdeutschen Polizei, die ihre Erfahrungen eben nicht im täglichen Kampf gegen das Elend üben könnten, sondern höchstens einmal bei einer Veranstaltung wie der IWF -Jahrestagung in Berlin eingesetzt würden und dann noch nicht einmal für ein ordentliches Training befreit würden. Vielleicht gelingt es Wedding bis September auch noch, einige Vopos für den polizeilichen Nahkampf in einer gesamtdeutschen Mannschaft zu integrieren. „Die DDR-Boxer sind echte Könner, die unser Team verstärken können“, schwärmte der Coach vor der Presse. Denn der Polizei -Boxsport hat Nachwuchsprobleme: Die Polizei trai

niere jetzt mehr Jiu-Jitsu, eine Kombination aus Boxen, Judo, Karate und Nasi-Goreng.

Wenn für die Veranstalter alles gut geht, werden die Karten nicht-öffentlich in den Bremer Herrenclubs verkauft: Rotarier, Eiswetter und Carl-Schurz-Gesellschafter sollen die Plätze um die Amateurboxer einnehmen. Frauen müssen nicht draußen bleiben. Und wenn sich genug Sponsoren finden, wird die Drescherei noch mit Musik unterlegt. Was nach Abzug der Gewinne noch übrigbleibt, bekommt der „Weiße Ring“, eine Hilfsorganisation für die Opfer von Verbrechen.

Markus Daschne