„Milosevic wird bald Geschichte sein“

Gespräch mit Milan Balazic, Mitglied des ZK der Slowenischen Kommunistischen Partei  ■ I N T E R V I E W

taz: Täglich werden im Kosovo Menschen erschossen. Wie diskutiert die slowenische Partei diese Frage, was ist nötig, um den Krieg im Kosovo zu beenden?

Balazic: Die Situation ist in der Tat dramatisch, die Repression muß beendet werden. Wir haben jetzt die Entscheidung getroffen, unsere Polizeikräfte aus dem Kosovo zurückzuziehen. Wir schlagen vor, einen Runden Tisch einzurichten, an dem alle Beteiligten endlich die Konflikte in zivilisierter Weise austragen. Dazu müssen aber auch die Albaner die Gelegenheit haben, ihre eigenen Repräsentanten zu wählen.

Wenn der demokratische Weg nicht klappt, wird Slowenien aus der jugoslawischen Familie aussteigen?

Wenn Jugoslawien sich zu einem demokratischen System entwickelt, dann werden wir es selbstverständlich unterstützen und in Jugoslawien bleiben. Doch die Trennung bleibt unter den gegebenen Umständen eine offene Frage. Die slowenische Partei will sich heute von allen alten Politikformen verabschieden. Wir sind deshalb offen, mit allen politischen Kräften, die für die Demokratie eintreten, zu sprechen. Wir sind aber nicht mehr bereit, mit diktatorischen Strömungen und Parteien zusammenzuarbeiten.

In der letzten Ausgabe des amerikanischen Magazins 'Newsweek‘ hat Milosevic in einem Interview die Demokratisierung in Serbien angekündigt.

Sicherlich gibt es jetzt auch in Serbien Bestrebungen, das Mehrparteiensystem einzuführen. Gruppen und Parteien gründen sich. Doch bei Milosevic ist das Doppelzüngigkeit. Wenn alle demokratischen Kräfte in Jugoslawien beginnen zusammenzuarbeiten, was wir ja wollen und was die Chance für eine neue Konföderation ist, dann wird Milosevic bald Geschichte sein. Aber lassen Sie mich noch einmal betonen: Auch in Serbien entwickeln sich demokratische Kräfte. Selbst diejenigen, die Milosevic bisher unterstützt haben, rücken langsam von ihm ab. Die radikale nationalistische Rechte will mit den Kommunisten nichts mehr zu tun haben, die demokratischen Kräfte wollen die stalinistischen Strukturen brechen. Milosevic wird im Inneren selbst in die Zange genommen.

Auch demokratische Organisationen können nationalistisch sein...

Sicherlich müssen demokratische Organisationen Rücksicht auf die Stimmungen in der Bevölkerung nehmen. Doch wir hoffen bei demokratischen Strukturen auf mehr Toleranz. Wenn die sich nicht entwickelt, ist es um Jugoslawien schlecht bestellt.

Ihre Partei hat seit dem Auszug aus dem Parteikongreß in der eigenen Bevölkerung an Rückhalt gewonnen. Werden Sie bei den Wahlen im April bestehen?

Sicherlich haben wir in den letzten Jahren bewiesen, daß wir unsere Vorstellungen von schrittweiser Demokratisierung auch durchsetzen können. Bei den Wahlen wird das Oppositionsbündnis „Demos“ ein nicht zu unterschätzender Gegner sein. Doch bin ich sicher, daß die Persönlichkeiten, die sich in der letzten Zeit in unserer Partei profiliert haben, viele Wähler überzeugen können. Doch das Wichtigste ist nicht unser Wahlerfolg. Wichtig ist, daß das Mehrparteiensystem installiert ist, daß wir bereit sind, unsere Privilegien aufzugeben, daß wir uns organisieren wie andere Parteien auch, d.h. raus aus den Betrieben und Institutionen.

Interview: Erich Rathfelder