Wehrsportgruppen-Mann als Rep-Kandidat

Die „Wehrsportgruppe Wolfschanze“ wurde am Montag in Berching ausgehoben / Hakenkreuze und Deko-Waffen sichergestellt / Jeder im Ort kannte die Truppe / 19jähriges Mitglied kandidiert für die Reps / Verbindungen zu anderen Rechtsextremisten werden abgestritten  ■  Aus Berching Bernd Siegler

„In Berching findet der vom Alltag gestreßte Mensch Geruhsamkeit und Erholung.“ Das „Kleinod des Mittelalters“ (Eigenwerbung) im Naturpark Altmühltal zieht Touristen in Scharen an, 70.000 Übernachtungen im Jahr schlagen zu Buche. Seit Montag befürchtet Bürgermeister Albert Löhner (CSU) nun, daß der Ruf seiner 7.600 Einwohner zählenden Gemeinde belastet ist. Im Morgengrauen stürmten Polizeikräfte ein Haus am Ortsrand und hoben eine „Wehrsportgruppe Wolfschanze“ aus. Einer der Wehrsportfanatiker entpuppte sich jetzt als Stadtratskandidat der „Republikaner“ in Greding im Landkreis Roth.

Das „Führerhauptquartier Wolfschanze“, so ein mit Tierknochen dekoriertes Schild am Eingang des Hauses, war von Ernst Mayer und Hans Weber, den beiden 34jährigen Rädelsführern der Wehrsportgruppe, mit Nagelbrettern, Stolperdrähten und einem Beobachtungsstand zu einer Art Festung ausgebaut worden. Im Haus fand die Polizei unter anderem Hakenkreuzembleme, Uniformen, ein Luftgewehr und mehrere Dekorationswaffen.

Im Herbst des vergangenen Jahres wurde die Polizei auf die Gruppe aufmerksam, als die Wehrsportler mehrmals öffentlich in Uniform aufgetreten waren. „Sie liefen in Marschformation mitten durch Berching“, berichtet ein Verwaltungsangestellter der Stadt. Von Schießübungen ist die Rede, Schlägereien in Diskotheken und Reifenstechereien werden der Gruppe angelastet. Die unmittelbaren Nachbarn hatten Angst vor den uniformierten WSGlern. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen gegen neun Männer zwischen 17 und 34 Jahren aus dem Raum Berching Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Bildung bewaffneter Haufen eingeleitet.

In Berching selbst geschieht derweil Verdrängungsarbeit. Jeder hatte zwar von der Existenz der Gruppe gewußt, sich aber kaum darum gekümmert. Die Bäuerin vom Aussiedlerhof oberhalb des „Führerhauptquartiers“ betont, „es gibt halt viele komische Leute . Für Bürgermeister Löhner sind das „harmlose Spinner“. Sein Hauptanliegen ist es, den Namen Berchings sauber zu halten. Mayer sei schließlich ein „Zugewanderter“, Weber aus Beilngries und der dritte Festgenommene komme aus Greding. Von einer Wehrsportgruppe will CSU-Mann Löhner erst gar nicht reden. „Der Mayer hat doch die Jugendlichen nur lose um sich geschart.“

So locker waren die Verbindungen nicht. Immerhin hat der arbeitslose Schweißer Mayer zusammen mit Hans Weber am 7. November 1989 bei einem bewaffneten Raubüberfall auf eine Edeka-Filiale in Pollenfeld im Landkreis Eichstätt 690 Mark erbeutet. Am Steuer des Fluchtauto saß der 19jährige Norbert Adam, der auf der Kandidatenliste der Reps für die am 18. März anstehende Kommunalwahlen in Greding aufgeführt ist.

Über eventuelle Verbindungen der Wehrsportgruppen -Mitglieder zu anderen rechtsextremen Personen schweigt sich die zuständige Polizeidirektion Regensburg „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ aus. Bürgermeister Löhner bezweifelt einen politischen Hintergrund. Mayer sei nicht mit Karl-Heinz Hoffmann zu vergleichen. „Der Hoffmann war doch, ganz abgesehen von seinen sonstigen Irritationen, ein intelligenter Mann.“

Auch Karl-Heinz Hoffmann begann seine Karriere mit „Kriegsspielen“. Seine Wehrsportgruppe trieb Mitte der 70er Jahre ihr Unwesen in den Wäldern um Nürnberg, ausgestattet mit Uniformen und zugelöteten Waffen. Lange Jahre bezeichnete das bayerische Innenministerium WSG-Chef als „harmlosen Spinner“. Hoffmann wurde zur führenden Figur der militanten rechtsextremen Szene. Ende Juni 1986 wurde er zu neun Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafe wurde er inzwischen wieder entlassen.