„Wir werden weiter ausgegrenzt“

Sevim Celebi, Mitarbeiterin des Gesundheitszentrums Akarsu zum Widerstand gegen den Schäuble-Entwurf  ■ I N T E R V I E W

taz: Der Entwurf für ein neues Ausländergesetz liegt bereits seit September letzten Jahres vor. Warum kommt der Widerstand so spät?

Sevim Celebi: Es war immer ein Problem, die Leute zu mobilisieren. Man hat den Schäuble-Entwurf zwar zur Kenntnis, aber nie so recht ernst genommen. Seit die Wiedervereinigungsdiskussion begonnen hat und seit Aus- und Übersiedler ununterbrochen ankommen, hat dieser Gesetzentwurf für die ImmigrantInnen an Bedrohlichkeit zugenommen. Vielen wird klar, daß sich nur durch die eigene politische Mobilisierung etwas gegen den diskriminierenden Ausländerstatus machen läßt. Was den Stand des Gesetzentwurfs betrifft, muß man ehrlicherweise sagen, daß es vielleicht wirklich zu spät ist. Aber die Mobilisierung ist ein erster positiver Schritt.

Vor dem Hintergrund der geöffneten Grenzen - was erscheint am Schäuble-Entwurf besonders bedrohlich?

Ausländergesetze allgemein - und das gilt nicht nur für den Schäuble-Entwurf - schreiben den Status des Ausländers fest. Über 60 Prozent der ImmigrantInnen sind hier geboren. Sie gelten weiterhin als Ausländer und werden vor dem Hintergrund der bevorstehenden Wiedervereinigung weiter ausgegrenzt. Diese Leute haben doch auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt keine Chance.

Wo siehst du im Moment politische Unterstützung oder Verbündete unter den Deutschen?

Ehrlich gesagt - das einzige, worauf ich mich verlassen möchte, ist, daß die Ausländer sich selbst organisieren. In diesem Fall werden wir auch Unterstützer finden - und zwar ehrliche Unterstützer. Bislang ist das immer halbherzig und mit Mitleid verbunden....

In der DDR kämpfen Ausländergruppen im Moment um das, was ihr hier im Westen grundsätzlich bekämpft - nämlich ein Ausländergesetz. Wo läuft die Entwicklung nach deiner Einschätzung hin?

Wir können hier nichts von unseren Erfahrungen einfach übertragen. Da drüben hängt viel davon ab, ob sich eine Bewegung gegen die Rotation entwickelt - also dagegen, daß Menschen nur für eine befristete Zeit ins Land geholt und dann wieder rausgesetzt werden. Was ein Gesetz betrifft, so muß man berücksichtigen, daß der gesetzliche Rahmen für Ausländer in der DDR eine Katastrophe ist. Deswegen wollen sie ersteinmal etwas haben, woran man sich festhalten kann. Da braucht ja nun wirklich nicht das bundesrepublikanische Gesetz als Vorbild zu dienen. Und um genau das zu verhindern, kann ich mir eine Zusammenarbeit zwischen Organisationen hier und in der DDR gut vorstellen. Wenn die Wiedervereinigung kommt, befürchte ich, daß das Ausländergesetz der BRD wohl übernommen wird.

Interview: Andrea Böhm