Senat will gesundbeten

■ Gesundheitsverwaltung macht Grippewelle für Überbelegung der Krankenhausbetten verantwortlich / Kürzungen im Virchow-Krankenhaus bleiben

„Es herrscht keine alarmierende Situation“, so wiegelte gestern die Gesundheitsverwaltung die Meldungen über die hohe Überbelegung an Westberliner Krankenhäusern ab. Pressesprecherin Rita Hermanns machte die Grippewelle für den aktuellen Befund der Überbelegung verantwortlich. Mittlerweile befände sich jedoch der Patient „Westberliner Krankenhauswesen“ auf dem Weg der Genesung und verfüge bereits wieder über eine Kapazität von 100 freien Betten allein in der Inneren Medizin.

Anders der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Reinhard Roß, den die „derzeit schwierige Situation“ in den Krankenhäusern „mit Sorge erfüllt“. Ein Rezept hat er bereits parat: den zügigen Ausbau der ambulanten Angebote. Dabei verweist Roß vor allem auf den Entwurf zum Sozialstationengesetz, der die Qualität der Sozialstationen verbessern und noch bis zur Sommerpause verabschiedet werden soll. Ein von der gesundheitspolitischen Sprecherin der AL, Gisela Wirths, gefordertes Gutachten zum tatsächlichen Bedarf an Sozialstationen hält Roß dagegen für eine „Stange im Nebel“. Der Senat habe bereits die Zahl der Sozialstationen von 61 auf 68 erhöht, 1.900 Akut-Chroniker -Betten bis 1996 sollen ihr Übriges tun, um die Inneren Abteilungen der Krankenhäuser zu entlasten. Wichtig sei nun, die Geriatrieplanung, unter anderem in Form von Geriatriezentren, zügig umzusetzen. Durch Spezialisierung in diesem Bereich ließe sich auch die hohe Fehlbelegungsquote innerhalb der internistischen Abteilungen realistisch senken.

Gelassene Zukunftsplanung also - fieberhaft reagierte gestern lediglich die Wissenschaftssenatorin Riedmüller-Seel und informierte sich vor Ort über die Situation im Universitätsklinikum Rudolf Virchow (UKRV). Doch auch sie hält letztendlich an alten Erkenntnissen fest und sieht in Berichten über die problematische Krankenversorgung im UKRV lediglich den Versuch, standespolitische Interessen durchzusetzen. Die anvisierte Zahl von 1.400 Betten im UKRV und die damit verbundenen Kürzungen blieben erhalten.

Die Situation in den Krankenhäusern hatte sich in den letzten Wochen aufgrund von Überbelegung dramatisch zugespitzt, unter anderem im UKRV blieb die Intensivstation im letzten halben Jahr mehrmals für Neuaufnahmen geschlossen.

Martina Habersetzer