Energieversorgung in der DDR-betr.: "BRD-Grüne weisen den Weg", taz vom 29.1.90

betr.: „BRD-Grüne weisen den Weg“, taz vom 29.1.90

(...) Seit rund 15 Jahren kämpfe ich nun schon gegen den atomaren Wahnsinn auf der ganzen Welt. Von Australien bis Deutschland-West. Da kam nie ein Vorwurf, Öko-Imperialistin zu sein, sondern das war stets die nötige internationale Arbeit. Nun aber dreht es sich um die DDR, und mein Engagement wird „imperialistisch“.

Sag mal gero, was soll der Quatsch? Wenn Du mich schon zitierst, dann doch bitte richtig. Ich hoffe, auch Du weißt, wenn Dich auch die Gefahren der Atomindustrie kalt lassen, daß es wirtschaftlich total verrückt wäre, neue Atomkraftwerke in der DDR zu bauen. Auch Dir dürften die langen Bauzeiten, Kosten in Milliardenhöhe und die lebensbedrohlichen Folgen, mangelnde Entsorgung etc. nicht fremd sein. Und ausgerechnet das soll nun eine schnelle Hilfe aus dem Braunkohlendesaster der DDR sein?

Hier sind Sofortmaßnahmen angesagt und nicht Exportchancen für Siemens, KWU etc. Sofortmaßnahmen bedeuten, nicht Milliarden in AKWs zu verbauen, sondern mit Milliardenaufwand Energie intelligent zu nutzen. Das heißt, der Verschwendung ein Ende zu setzen, womit auf Anhieb rund 40 Prozent eingespart werden könnten. Blockheizkraftwerke bauen, Filter einbauen, erneuerbare Energien einsetzen, kurzfristige Steinkohle und Gas importieren sowie einen kurzfristigen Stromimport aus der Bundesrepublik über schon vorhandene Leitungen, das war unser Standpunkt, den wir eben auch vehement vertreten haben.

Wir haben klar gemacht, daß es aus ökologischen und damit aus wirtschaftlichen Gründen absolut unsinnig ist, Strom durch lange Überlandleitungen zu jagen, da hier bis zu 60 Prozent und mehr verlorengehen. Daß Stromerzeugung möglichst dezentral sein muß, und eben deswegen nicht Fakten geschaffen werden dürfen durch den Neubau großer Trassen. Überhört haben mußt Du, daß wir natürlich erwähnten, daß Überkapazitäten unseres Stroms natürlich aus den Kernkraftwerken stammen.

Auch scheint es Dir total entgangen zu sein, daß wir zu einem Konsens gefunden haben - mit nur einer Gegenstimme (Ingenieur aus dem AKW Rheinsberg). Unser gemeinsames Papier fordert: Stillegung aller laufenden AKWs, Moratorium von zwei Jahren für den weiteren Aus- und Umbau der AKWs und als Sofortmaßnahmen mit allen einsetzbaren Mitteln unterstützt die oben bereits genannten Forderungen.

Ich bleibe dabei: Hieß es nicht immer „Stillegung aller Atomanlagen in West und Ost“? Ist denn die Energieverschwendung kein globales Problem? Müssen unbedingt mit größtem Tempo nun die Fehler der BRD in der DDR wiederholt werden?

Undine von Blottnitz, Grabow