Der Kuchen wird verteilt

Großverlage machen das DDR-Geschäft unter sich aus  ■ K O M M E N T A R

Wie wird das nur gemacht - landesweit ein Pressevertriebssystem aufzurollen? Die vier Großverlage Springer, Burda, Bauer sowie Gruner&Jahr samt pfötchengebenden DDR-Ministerien liefern dazu wertvollen Anschauungsunterricht. Die Großen Vier sollen demnächst über ein Joint-venture gemeinsam mit der Deutschen Post (Ost) etwa 100 bundesdeutsche Zeitungen und Magazine vertreiben. Ein aufwendiges Unternehmen, weil ja ohne Währungsparität vorerst nur „Alu-Chips“ in den Kassen der Westkonzerne klimpern. Um Logistik und Einkauf fürs erste zu finanzieren, haben deshalb die Big Four einen netten Coup gelandet: Im Gegenzug zu jenen exklusiv erhaltenen Vermarktungsrechten von Werbezeiten im DDR-Fernsehen wollen sie die Hälfte ihrer Verkaufserlöse in besagtes Joint-venture pumpen. So steht's im Vorvertrag.

Sollte der Runde Tisch das vertraulich ausgehandelte Projekt absegnen, dann wäre hier kurz vor den DDR-Wahlen nicht nur eine Lanze für die Meinungsvielfalt gebrochen, wie die Sprecher des Großverlag-Quartetts glauben machen möchten. Im Vorbeigehen hätten sie auch den bundesweit üblichen Pressevertrieb durch verlagsunabhängige Grossisten in der künftig bundesdeutschen DDR zunichte gemacht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß demnächst kleinere Verlage - gemäß ihrer Umsatzstärke - in das Vertriebs-Joint -venture nachrücken. Die vier Großen können mit ihrer geballten Masse von insgesamt 70 Umsatzprozenten darüber nur milde lächeln. Wem der Löwenanteil der Handelsspannen zufließt, wer bei der Geschäftspolitik den Ton angibt, wer die Absatzkonditionen bestimmt - schwerlich zu erraten.

Noch ehe irgendein Kartellschützer die Hand heben könnte, sind die Karten bereits gefallen, die vertikale Konzentration in der Medienlandschaft des Deutschen Bundes noch ehe er existiert - schon wieder fast VEB-stark. Das Bekenntnis des Viererkonsortiums, freien Zugang für alle zu garantieren, muß sich an ihrer de facto-Kapitalmacht messen lassen. Aber wer möchte heute schon noch was von Antimonopolismus hören, noch dazu von den Looser-Typen der taz. Denn den „täglichen Biß“ müßten die Großen Vier drüben mitausliefern, und da gilt: 's Maul nicht so weit aufreißen.

Thomas Worm