Berlusconi sponsort Willy Brandt

Pariser „Großereignis“ der neuen Ostpolitiker unter „Schirmherrschaft“ des neuen Medienzaren  ■  Aus Rom Werner Raith

Von Verwunderung (Kommunisten bis Linksunabhängige) bis Verärgerung (Grüne und Radikale) reichen in Italien die Reaktionen auf ein in ganzseitigen Zeitungsanzeigen angekündigtes „Großereignis“: Am 20.Februar findet in der Pariser Sorbonne eine Debatte zum Thema „Wohin geht der Osten?“ statt. Untertitel: „Neue Menschen, neue Ideen: welche Revolutionen gibt es in Osteuropa?“ Als Teilnehmer angesagt ist die Creme de la creme alter und neuer „Ostler“

-allen voran Altbundeskanzler und SPD-Ehrenvorsitzender Willy Brandt, dazu der tschechoslowakische Staatspräsident Vaclav Havel, PDS-Vorsitzender Gysi, Adam Michnik von der polnischen 'Gazeta‘, Jens Reich vom „Neuen Forum“, Robert Badinter, ehemaliger französischer Justizminister und Präsident des Verfassungsgerichtshofs.

Die Reaktionen in Italien betreffen dabei jedoch nicht den Inhalt und auch nicht den Teilnehmerkreis als solchen vielmehr erregen sich die Gemüter über eine der unten stolz eingerückten vier Sponsoren-Firmen, die die Kosten des aufwendigen Spektakels tragen und die Honorare ausschütten: Neben 'la sept‘, 'Nouvelle Europe‘ und der Hotelkette Accor erscheint da auch die Firma „Publitalia '80“, die zur Gruppe Fininvest gehört - und die wiederum ist die Grundholding des italienischen Medienzaren Silvio Berlusconi - eben jenes Berlusconi, der seine marktbeherrschenden Privat -Fernsehkanäle widerrechtlich landesweit installiert hat (und nur durch ein rechtlich höchst umstrittenes Sonderdekret seines Busenfreundes Bettino Craxi vor dem Abschalten bewahren konnte); eben jenes Berlusconi, der Ende 1989 in einer Blitzaktion die Kontrolle über den Mediengiganten Mondadori und damit über mehr als ein Drittel der Wochenmagazine und ein Sechstel der Tageszeitungen (darunter 'La Repubblica‘) an sich gerissen hat, der sein Medienreich unverhüllt ausschließlich in den Dienst des restaurativen Machtkartells „CAF“ (PSI-Craxi, Ministerpräsident Andreotti und DC-Chef Forlani) stellt und jenes Berluconi schließlich, dessen Vergangenheit nicht zuletzt durch die als Putsch- und Unterwanderungszirkel eingerichtete Geheimloge „Propaganda2“ des alten Mussolini -Gefolgsmanns Licio Gelli belastet ist.

„Während die Linke und die Grünen einen verzweifelten Kampf gegen die rechtsgewirkte Machtkonzentration Berlusconis führen“, klagt der Abgeordnete Sabino Andreis, „speist die Creme de la creme der neuen Ost-Protagonisten mit eben diesem Berlusconi. Da kann man nur sagen: Wohl bekomms, Willy Brandt.“