Allianz für Kohl aus der Taufe gehoben

■ CDU (West) verkündet die Gründung einer „Allianz für Deutschland“ in der DDR / CDU (Ost), Demokratischer Aufbruch und Deutsche Soziale Union gehen zusammen / Deutsche Forumspartei verzichtet auf die Westkohle und will lieber eigenständig bleiben

Berlin (taz/dpa) - Am späten Montag abend erhob sich über der Konklave im Westberliner Gästehaus der Bundesregierung endlich der weiße Rauch: Die Allianz für Kohl, offiziell „Allianz für Deutschland“ genannt, war aus der Taufe gehoben. Nach langen Geburtswehen und unter zweimaliger direkter Intervention des Parteivorsitzenden der CDU (West) hatte Kohl seinen Job als Hebamme abgeschlossen und konnte der Öffentlichkeit stolz sein „Kind“ präsentieren.

Er sei sehr zufrieden mit seinem Werk, verkündete der Kanzler, nun werde er im Bundesvorstand in Bonn dafür sorgen, daß die Bewässerung des zarten Pflänzchens in Gang kommt. Ungeachtet des Beschlusses am Runden Tisch in Ost -Berlin, keine Wahlkampfauftritte von West-Politikern zuzulassen, kündigte Kohl gleich eine ganze Serie eigener Auftritte in der DDR an.

Darüber hinaus sollen mit Unterstützung der Bonner CDU in Berlin-Ost und in allen anderen 15 Bezirken der DDR Wahlkampfzentren eingerichtet und eine Wahlkampfzeitung herausgebracht werden. CDU-Bundesgeschäftsführer Radunski stand bereits in den Startlöchern, um sich noch gestern abend mit Vertretern der Allianzpartner zur Abwicklung des geschäftlichen Teils der Übereinkunft von Montag abend zu verständigen.

Auf eine Teilhabe am Bonner Geldtopf geeinigt haben sich nun die lange von Kohl heftig abgelehnte CDU (Ost) mit ihrem Vorsitzenden de Maiziere, der Demokratische Aufbruch unter Schnur und die Deutsche Soziale Union mit ihrem Leipziger Pfarrer Ebeling. Nicht mit von der Partie ist die konservative Abspaltung des Neuen Forums, die Deutsche Forumspartei, die sich trotz der Teilnahme an den Kanzlerdiskussionen letztlich nicht in die Allianz einbinden lassen wollte. Auch der Demokratische Aufbruch hatte sich extrem schwergetan, mit den Ost-CSU-lern unter Ebeling und der als Blockpartei diskreditierten Ost-CDU unter ein gemeinsames Wahldach zu gehen. Nur dem massiven Drängen ihres Vorsitzenden Schnur, der offenbar ohne West -Unterstützung für seine Partei wenig Chancen sah, hatte Kohl es letztlich zu verdanken, daß seine Allianz sich noch mit dem DA schmücken kann. Alle drei Partner betonten jedoch, sie würden auch weiterhin als eigenständige Parteien unter eigenem Namen antreten und strebten gemeinsame Listenverbindungen bei der Wahl an. Da dies nach dem Wahlgesetz noch nicht möglich ist, werde man sich dafür einsetzen, das Gesetz entsprechend zu ändern.

Rainer Eppelmann, der für den DA zur Zeit als Minister amtiert, hatte auch am Dienstag noch einmal deutlich gemacht, daß über die tatsächliche Zusammenarbeit letztlich die Orts - und Kreisverbände des DA eigenständig entscheiden müßten.

Das stellt sich die CDU-West allerdings anders vor. Sie wird in die zu gründenden Wahlkampfzentren hauptamtliche Mitarbeiter und Mandatsträger entsenden, die die Arbeit vor Ort koordinieren sollen. Die Bundes-CDU wird auch für die Einrichtung und die Materialbeschaffung der Wahlkampfzentren sorgen. Lediglich Bargeld, so Radunski, solle nicht fließen. Bei den sechs geplanten Kohl-Auftritten sollen dann jeweils die drei Vorsitzenden der Allianzparteien teilnehmen, um von der „Kraftübertragung durch das Gruppenbild mit Kohl“ profitieren zu können. Mit dem Schub des Schwarzen Riesen setzt die Allianz nun auf Sieg. Ziel sei es, die SPD zu schlagen und eine Regierung der „Allianz für Deutschland“ zu bilden.

Aber auch die SPD in der DDR will gegen den Beschluß des Runden Tisches stimmen, Politiker aus dem Westen zum Wahlkampf in der DDR nicht zuzulassen. Das teilte der Pressesprecher der Partei, Steffen Reiche, der Nachrichtenagentur 'adn‘ mit. Die SPD nehme diese Empfehlung des Runden Tisches zur Kenntnis, werde aber von sich aus das Recht der freien Meinungsäußerung weder gegenüber ausländischen Bürgern noch gegenüber Bürgern der Bundesrepublik einschränken. Dies liefe auf eine Zensur der Meinungsäußerung hinaus, für deren Abschaffung sich die SPD in den vergangenen Monaten gerade eingesetzt habe.

Jürgen Gottschlich