Kungeleien um stillgelegte Militärgelände?

Die rheinland-pfälzischen Grünen fürchten Spekulanten und „Kriegsgewinnler“, wenn die Amis weg sind / Programm für zivile Nutzung vorgelegt  ■  Von Joachim Weidemann

Mainz (taz) - Die rheinland-pfälzischen Grünen fürchten, daß stillgelegtes Militärgelände zum „begehrten Spekulationsobjekt“ wird, um das sich „Kriegsgewinnler“ reißen. Dem Grünen-Abgeordneten Gernot Rotter schwahnt, daß „internationale Unternehmen sich die Filetstücke unter den Nagel reißen“. Sprich: Solche Gelände mit einer relativ guten Infrastruktur, wie die US-Air-base Zweibrücken, die ab 1993 stilliegt.

Die Grünen wollen etwaigen Kungeleien einen Riegel vorschieben. Dazu präsentierten sie gestern in Mainz ihr Programm für eine zivile Umwandlung von Militärbasen (Konversion).

Diese grünen Konversionspläne sehen einen „ökologischen Land- und Bodennutzungsfonds“ vor, getragen von Land, Kommunen und Umweltverbänden. Der Fonds soll zentral über sämtliche stillgelegten Militärareale verfügen können und diese für die „ökologisch sinnvollste Nutzung“ vergeben. Sonst, so Rotter, komme bei dem „Ansiedlungsgeschachere“ die Umwelt zu kurz. Als „sinnvoll“ erachtet der grüne Politiker sowohl neue Naturschutzgebiete als auch die Ansiedlung umweltschonender Industriezweige.

Vor einer Konversion aber gelte es, den vielerorts noch laufenden Ausbau von Militärgelände einzustellen. Die Mainzer Landesregierung müsse, so Rotters Antrag im Landtag, vor allem den Bau- und Planungsstopp für die US-Flugplätze in Mainz-Finthen, Spangdahlem sowie Pferdsfeld erwirken. Ferner sollten Bund und Land auf die Ausdehnung des Truppenübungsplatzes Baumholder verzichten.

Übereinstimmend mit den anderen Parteien fordern die Grünen konzentrierte Strukturhilfe für die vom Truppenabzug betroffenen Gebiete. Zivilbeschäftigte, die ihren Job verlieren, sollen Anspruch auf eine Stelle im öffentlichen Dienst erhalten, die der Bund subventioniert. Im Zuge der Truppenreduzierung sei überdies die EG gefordert. Ginge es nach den Grünen, so gäbe es bald einen EG-Sonderfonds „Umbau militärisch belasteter Regionen in zivile Gebiete“.

Aufgeschreckt durch die Schließung der US-Air-base Zweibrücken ab 1993 ist auch dem Mainzer Landtag mittlerweile guter Rat teuer. So plant der für Konversion zuständige Innenausschuß auf Anregung der Grünen, im Sommer in die USA zu reisen. Ziel: die Pentagon-Behörde für wirtschaftliche Anpassung (Office of Economic Adjustment, OEA).

Die OEA befaßt sich seit Jahren mit dem zivilen Umbau von Militärgelände innerhalb der USA. Experten trauen ihr darin eine einzigartige Tiefe und Breite an Erfahrungen zu, von denen nun die Rheinland-Pfälzer profitieren wollen. Richtlinien der OAE sind:

-die negativen ökonomischen Folgen von militärischen Entscheidungen für die Kommunen zu minimieren;

-den Kommunen Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren;

-die Konversion nicht mehr benötigter militärischer Installationen für die zivile Nutzung zu maximieren.

Das Innenministerium ist dem nicht abgeneigt. Sein Sprecher Jürgen Dietzen erwog gestern auf Anfrage der taz sogar, daß ein OEA-Team zur Beratung nach Rheinland-Pfalz eingeflogen wird. Dietzen: “ Warum sollte das nicht möglich sein. Wir haben doch jahrelang die Hauptmilitärlast tragen müssen.“