Greifswald: Zwei Blöcke vor dem Ende

■ Bundesdeutsche Experten signalisieren „Aus“ für die beiden ältesten Reaktoren

Greifswald (dpa/taz) - Bei den mit gravierenden Sicherheitsrisiken arbeitenden DDR-Atomkraft-Invaliden Lubmin bei Greifswald will das Ministerium für Schwerindustrie zwei der vier laufenden Reaktorblöcke stillegen. Wie Harald Gatzke, Hauptabteilungsleiter für Atomenergie im Ministerium, am Dienstag in Lubmin sagte, hätten die Vertreter der Bundesrepublik in der deutsch -deutschen Expertenkommission zur Untersuchung des Atomkraftwerks diese Notwendigkeit signalisiert. Ein endgültiges Ergebnis der Untersuchungen wird Ende April erwartet. Nach den Worten Gatzkes denken die Fachleute der bundesdeutschen Gesellschaft für Reaktorsicherheit jedoch schon jetzt an ein Aus für die beiden ältesten Blöcke, die mit einer 20 Jahre alten Technologie arbeiten.

Bei diesen Kraftwerksblöcken sind vor allem Materialermüdungen und Rostfraß an sensiblen Teilen festgestellt worden. Bei Stillegung der Blöcke müßte die DDR, wie Gatzke sagte, Strom aus der BRD beziehen. Greifswald versorgt zu zehn Prozent die DDR mit Strom. Fünf Prozent müßten bei einer Abschaltung künftig aus dem Westen kommen. Dies verursacht Kosten in Höhe von jährlich 200 bis 300 Millionen D-Mark und stellt in etwa die Summe dar, die in der DDR eigentlich für Notsituationen in der Stromversorgung zur Verfügung steht.

Werksgeneraldirektor Reiner Lehmann sagte, auch eine technische Nachrüstung der Blöcke, die an die zwei Milliarden Mark kostet, könne nicht den Sicherheitsstandard der neunziger Jahre erreichen.

Über die gestrige Begehung von Greifswald berichtet die taz morgen ausführlich.