Zeitdruck auf Währungsanschluß wächst

■ Bundesregierung will sofort verhandeln / Wirtschaftsminister Haussmann hält D-Mark als Parallelwährung noch 1990 für möglich Bundesbankchef Pöhl: Währungsunion wäre verfrüht / Finanzminister Waigel will IWF spielen / Berghofer will Konvertierbarkeit sofort

Berlin (taz/ap/dpa) - Im Streit zwischen PolitikerInnen einerseits, die eine möglichst schnelle Einführung der D -Mark in der DDR wollen, und den ExpertInnen andererseits, die einen einigermaßen geregelten Währungsanschluß des Ostens an den Westen fordern, gerät der Zeitdruck immer mehr zum zentralen Punkt. Heute will das Bundeskabinett beschließen, der Modrow-Regierung sofortige Verhandlungen über eine Wirtschafts- und Währungsunion anzubieten. Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann hält es jetzt für möglich, daß die D-Mark schon in diesem Jahr den „Status einer Parallelwährung in der DDR“ bekommt.

Wenn es die neue Regierung in Ost-Berlin wolle, könne ein „schneller Stufenplan“ zur Währungsunion vereinbart werden, sagte er vor der FDP-Bundestagsfraktion. Bis 1993 sei eine volle Übernahme der D-Mark in der DDR möglich. Weil die Zeit dränge, könne man jetzt nicht nach dem Lehrbuch vorgehen.

Der Soforthilfe über 10 bis 15 Milliarden D-Mark, die am Montag von der DDR-Wirtschaftsministerin Christa Luft gefordert worden war, erteilte Haussmann eine Absage, während sie für den SPD-Wirtschaftsexperten Wolfgang Roth „durchaus in Frage“ komme. Zwar müsse viel privates Kapital in die DDR fließen, „aber ich fürchte auch, daß wir zur Umrüstung der DDR öffentliches Kapital brauchen“, sagte Roth im Saarländischen Rundfunk.

Bundesfinanzminister Waigel sieht die schnelle Ablösung der DDR-Mark jetzt offenbar als unausweichlich an. Er formulierte ein Basis-Reformpaket mit harten wirtschaftspolitischen Auflagen. Danach sollen alle Planvorgaben der DDR entfallen und die Preise freigegeben werden. Die 49-Prozent-Grenze für Auslandsbeteiligungen solle ebenso verschwinden wie Beschränkungen beim Kauf von Grund und Boden. Die Steuern hätten sich am BRD-System zu orientieren; die soziale Abfederung solle von der DDR übernomen werden. Zugleich solle die DDR auf ihre Währungshoheit verzichten. Zur erweiterten Zuständigkeit der Bundesbank sei allerdings eine Änderung des Bundesbankgesetzes nötig.

Waigel unterstrich, daß er seine Vorschläge mit Bundesbankpräsident Pöhl besprochen habe. Pöhl, der gestern seinen DDR-Kollegen Horst Kaminsky besuchte, hält die Währungsunion „zumindest für verfrüht“. Erst sei die DDR -Mark teilkonvertierbar zu machen. Kaminsky räumte allerdings ein: „Wir haben nicht viel Zeit.“

Horst Geiger, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, wies darauf hin, daß die Ausweitung des DM -Raumes auch bedeute, Verantwortung für die Finanzierung der Haushalte in der DDR zu übernehmen. Der jetzt parteilose Dresdner Oberbürgermeister Berghofer plädierte in Davos für eine sofortige Konvertibilität der DDR-Mark zum Kurs von 1:4, während ein Basisbetrag zum Kurs von 1:1 getauscht werden solle.

diba Tagesthema Seite 3