Abschreckung von ÜbersiedlerInnen

■ SPD-Bundestagsfraktion will Notaufnahmeverfahren streichen und materielle Hilfen abschaffen / Bundesbürger benachteiligt? / FDP-Sprecher Hirsch: Forderungen auf „Stammtischniveau“

Bonn (taz) - Das Notaufnahmeverfahren für Übersiedler soll abgeschafft, materielle Sonderleistungen für die Menschen sollen gestrichen werden. Dies forderte die SPD -Bundestagsfraktion gestern in Bonn. Außerdem muß nach Auffassung der Sozialdemokraten das Meldewesen so geändert werden, daß sich Übersiedler nicht in wenigen Zentren ballen. Dies kann nach Darstellung des SPD-Abgeordneten Wiefelspütz bedeuten, daß Übersiedler fortan die Aufnahme in einer Gemeinde beantragen müßten - und diese auch ablehnen könne. Den Gemeinden entstehende finanzielle Belastungen sollten Bundesmittel ausgleichen.

Den entsprechenden Antrag, mit dem die Bundesregierung unter Handlungsdruck gesetzt werden soll, brachte die SPD gestern ins Parlament ein. Ihre Initiative begründen die Sozialdemokraten damit, daß wegen des „Übersiedlerstroms“ politisches Handeln dringend geboten sei: „Oberster Grundsatz muß sein, daß alle Maßnahmen ergriffen werden, die die politische, wirtschaftliche und soziale Situation in der DDR verbessern“, sagte die Bundestagsabgeordnete Gerlinde Hämmerle. Das Notaufnahmeverfahren und materielle Sonderleistungen - wie etwa Überbrückungshilfen, Einrichtungsdarlehen, Aufbaudarlehen, Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen - seien jedoch Anreize, die DDR-Bürger in ihrer Bereitschaft zur Übersiedlung bestärkten. Außerdem bedeuteten sie, daß Bundesbürger benachteiligt würden. „Stammtischniveau“ bescheinigte Burkhard Hirsch, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, den Forderungen der SPD. Die SPD wisse genau, daß ein solches Gesetz in Wirklichkeit die sozialen Leistungen für Übersiedler nicht verringere, wohl aber jeden Versuch, die Übersiedler in der Bundesrepublik zu verteilen, scheitern lasse.

Ganz anders sieht dies die FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale: Das Notaufnahmeverfahren und besondere finanzielle Leistungen sollten entfallen, forderte gestern ihr Sprecher Matthias Schulenberg.

Ferdos Forudastan