DDR-VoPos helfen Lüchower Polizei

Niedersächsische Polizei holte vor Gorleben-Demonstration Informationen in der DDR ein / Grüne: „Polizei und Stasi Hand in Hand“ / Auf dem Gorlebener PKA-Gelände wird zügig weitergebaut  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

In Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden der DDR hat sich die niedersächsische Polizei auf die Gorleben -Demonstration vorbereitet, bei der am Samstag 8.000 AKW -Gegner aus West und Ost gegen die Pilotkonditionierungsanlage und das Atomprogramm protestiert haben. Das Innenministerium in Hannover bestätigte gestern, daß im Vorfeld der Demonstration zweimal Kripobeamte in die DDR gereist sind, um Informationen über die im Landkreis Lüchow-Dannenberg zu erwartenden DDR-AKW-Gegner einzuholen. Der Grüne-Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann, der schon am Wochenende Hinweise auf „mindestens zwei Reisen von Beamten des politischen Kommissariats der Kripo Lüchow in die DDR“ erhalten hatte, warf daraufhin gestern der niedersächsischen Polizei vor, „mit der Stasi Hand in Hand zu arbeiten“. „Wer in der DDR um Auskünfte über AKW-Gegner nachsuche, greife damit zwangsläufig auf Informationen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes zurück“, erklärte der Grüne -Landtagsabgeordnete.

Das Innenministerium in Hannover wies gestern den Vorwurf der Zusammenarbeit mit der Stasi als „grob verfälschend“ zurück. Es habe lediglich zwei Gespräche des Leiters der Kripo Lüchow beziehungsweise des Leiters des dortigen politischen Kommissariats mit den Leitern der Kreisvolkspolizeiämter Osterburg und Salzwedel gegeben. In den Gesprächen, an denen einmal auch der Leiter der Kripo Salzwedel teilgenommen habe, sei es allein um den zu erwartenden Zulauf aus der DDR zu der Gorleben-Demonstration gegangen, teilte das Innenministerium gestern mit. Der Staatssekretär im Innenministerium, Stefan Diekwisch, wollte allerdings gestern nicht ausschließen, daß in den Gesprächen mit der Kripo auch Informationen der Staatssicherheit nach Westen weitergegeben worden sind. Die Dienstreisen in die DDR seien mit dem Innenministerium nicht abgestimmt gewesen, sagte der Staatsekretär. Für die Zukunft hat das Ministerium nun der Polizei derartige „Kontakte in diesem sensiblem Bereich“ untersagt.

Auf dem Gelände der Pilotkonditionierungsanlage Gorleben, die das Ziel der west-östlichen Demonstration am Samstag gewesen war, sind gestern die letzten Reste des Kiefernwaldes und der Besetzung beseitigt worden. Das Gelände sei gänzlich gerodet, auch die Trümmer des Hüttendorfes seien bereits abtransportiert, jetzt werde ein Metallgitterzaun errichtet, erklärte gestern der Sprecher der „Deutschen Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen“ (DWK). Nach Angaben des DWK-Sprechers werden die bisherigen Baumaßnahmen auf Grundlage der baurechtlichen Genehmigung durchgeführt. Die DWK könne jedoch nicht zusichern, daß sie von ihrer atomrechtlichen Genehmigung vor dem 19.2. keinen Gebrauch machen werden. Das OVG Lüneburg hatte noch am Dienstag einen vorläufigen Baustopp für die PKA mit der Begründung abgelehnt, bis zum 19.2. werde die DWK die angefochtene atomrechtliche Genehmigung ohnehin nicht nutzen.