Leben und Tod

■ Rosa von Praunheims „Überleben in New York“

Was sagt eine weiße Deutsche, die mal in Harlem, New York City lebte? „Ich bin nur einmal ganz kurz überfallen worden. Von Kindern. War aber nicht schlimm, das ging ganz schnell.“ Ganz gefaßt sagt das Uli, die Krankenschwester aus der psychatrischen Notaufnahme.

New York. Moloch, Kultstadt, Hölle. Seit rund zehn Jahren leben dort drei Frauen, Uli, Claudia und Anna aus Deutschland. Sie kennen sich nicht, aber Regisseur Rosa von Praunheim kennt sie. Zusammen mit Kameramann Jeff Preiss und einer flexiblen Handkamera verfolgte er das Leben der Frauen durch den Großstadtdschungel, rekonstruierte und stellte gegenüber. Herausgekommen sind neunzig spannende Minuten.

Praunheims dokumentarischer Portraitfilm ist ein cineastisches Abbild seiner Denkweise. „Die Welt ist nicht immer gerade“, sagt er, „darum muß man das Bild manchmal schief halten“ (s.a. Interview nebenan). So hält er ab

und zu die Kamera schief, nicht sehr oft, überblendet und filmt asynchron. Das ist seine Spezialität, denn „erstens wäre es sonst langweilig und außerdem ist das ganze Leben so“.

Rosa von Praunheim kennt eine Menge vom Leben und Überleben. Diese Kenntnis atmet sein Film. Draußen auf der Straße, wenn die Vorführung beendet ist, tauchen Gesichter vor den eigenen geistigen Augen auf, Straßenschluchten und Räume. Die Namen der drei Frauen scheinen dagegen austauschbar. Ist der Regisseur also doch nicht nah genug herangegangen? Vielleicht sogar zu nah. Strip-Posen vor Big -Mac kauenden Männern, die Schilderung einer Vergewaltigung bis aufs Blut, engumschlungene Frauenkörper, das Erstechen eines Mannes und Trauerarbeit für einen toten Schoßhund. Überleben in New York ist voll vom Leben und seinem Nachbarn, dem Tod. So muß Kino sein. Jürgen Franck

Cinema, 21 Uhr