Delmenhorst: SPD in Aufregung

■ Sozialdemokraten lassen Ratsmandat und Parteibuch hinter sich

In der Delmenhorster SPD, die mit „Leihstimmen“ von FDP und CDU im Rat regiert, querelt es. Als erste hatte im Dezember die SPD-Ratsfrau Elena Schöfer ihrer Fraktion den Rücken gekehrt. In der vergangenen Woche tat es ihr der Kollege Horst Spiekermann nach. Außerdem verließen eine Reihe von langjährigen Mitgliedern die Partei.

Elena Schöfer hatte ihr Mandat im Dezember mit ausführlicher Begründung niedergelegt: „Der von einigen Rats - und Verwaltungsmitgliedern nicht selten gezeigte Mangel an Einfühlungsvermögen oder auch nur Respekt für Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt, die nicht gerade zum Spektrum der etablierten Parteien, Sportvereine oder Jubilarehrungen gehören, erschreckt und empört mich.“ Ratsherr Horst Spiekermann nannte andere Gründe für seinen Austritt aus dem 43köpfigen Stadtrat, in dem die SPD 20 Sitze besetzt. Spiekermann, auch hauptamt

licher Funktionär der Gewerkschaft ÖTV, hatte das Handtuch geworfen, weil der Verwaltungsausschuß mit den Stimmen der SPD die Einstellung eines Sachbearbeiters für das städtische Hauptamt entgegen den Empfehlungen der Einigungsstelle durchsetzen will. Diesen Konflikt hatten drei weitere städtische Bedienstete zum Anlaß genommen, ihr Parteibuch zurückzugeben. Spiekermann sprach von einem Verrat an Arbeitnehmerinteressen durch die SPD-Fraktion.

Auch mit weiteren Entscheidungen sind Partei und Fraktion ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Mit unerklärlicher Vehemenz betreiben die Sozialdemokraten seit Monaten die Ansiedlung eines Möbelmarktes mit riesigen Ausmaßen. Betroffene AnliegerInnen befürchten große Schäden für die Natur. Jürgen Kulke, jahrelang Parteimitlied und selbst betroffener Anwohner, kritisiert, daß sich die SPD-Fraktion nicht am gesetzlichen Verfahrensweg

orientiert: „Der geänderte Bauantrag hat die Zustimmung der SPD-Fraktion gefunden, ohne daß die Bürger ein Prüfungsergebnis ihrer Einwendungen erhalten haben.“

Schon steht dem Fraktionsvorsitzenden Cordes neuer Ärger mit den Gewerkschaften ins Haus. Seine Fraktion hat mehrheitlich und gegen das Votum des SPD -Unterbezirksvorstandes beschlossen, anläßlich der Feiern für das 300jährige Marktrecht am Sonntag vor dem 1. Mai alle Geschäfte in der Innenstadt geöffnet zu halten. Ein führender DGB-Funktionär am Rande einer Tagung in Delmenhorst: „Das werden wir uns nicht bieten lassen.“

tefo/taz