„Rund um den Rassehund“

■ Der Welt einziges Hundemuseum befindet sich in Ost-Berlin: 300 Kläffer aus Porzellan, alle Hundekalender, tragische Wuffi-Schicksale und Mißgeburten

Beim heiligen Chappi! Es gibt ihn wirklich, den wahrgewordenen Traum aller Hundevernarrten, den Wallfahrtsort der „Rex„- und „Hasso„-Fetischisten, den Tempel von des Menschen bestem Freund. Seit 1982 strömen Herrchen und Frauchen aller Länder an den Rand von Ost -Berlin, um das einzige Hundemuseum der Welt zu besichtigen: „Rund um den Rassehund“. Auf vier wohnzimmergroße Räume verteilt, werden mehr als 20.000 Ausstellungsstücke gezeigt. Die Wände sind mit Siegerurkunden von Rassenschauen und Hunderennen, Vereinswimpeln und Medaillen tapeziert, auf Tischen, in Vitrinen und Setzkästen kann man die geliebten Putzis mit großen Kulleraugen auf Bierseidel gemalt oder zu Kerzen geformt bewundern. Der Dackel aus Porzellan entpuppt sich als Kaffeekanne, die Autoschlüsselanhänger aus Plastik gibt es mit 64 verschiedenen Hundemotiven - hier sind alle sorgfältig nebeneinander aufgehängt. „Peterchens Mondfahrt“ heißt eine Hinterglasmalerei: ein Dackel wird von vier goldblonden Engelchen in den Hundehimmel getragen. Das Werk hat eine Freundin des Museums kurz nach dem Tod ihres geliebten Vierbeiners gemalt.

Internationale Ausstellungsstücke, wie das bestickte Paradekissen aus Kairo (Motiv Pudel) und das Frotteehandtuch aus Israel (Motiv Spitz), lassen das Herz jedes wahren Hundefreundes höher schlagen. Manches stimmt auch traurig: Wie hat sich der Dackel gefühlt, der 1945 von der Wehrmacht einen Musterungsbefehl erhielt, um als Spürhund zu dienen? Wieviele Hunde konnten im Notjahr 1950 abends vor Hunger nicht einschlafen, weil die acht Kilo Hundekuchen, die sie monatlich auf Hundelebensmittelkarte bekamen, mal wieder vom Herrchen verspeist worden waren?

Eine Menge Dinge sehen mit Hundebild verziert noch viel viel schöner aus. Im Hundemuseum sind sie alle liebevoll archiviert worden - Devotionalien von der Armbanduhr mit Dogge bis zur Zigarrenbinde mit Windhundkopf. Aus Hundewolle gestrickte Mützen und Westen zeigen, zu was der Deutschen zweitliebste Kinder (nach dem Auto!) alles gut sein können. Und wen es schon immer einmal interessierte, wie groß deren Nierensteine werden, findet solche zusammen mit ohne Bauchdecke geborenen Pudelbabys in einem kleinen Gruselkabinett, das für Kynologen (Hundekenner) und andere abgedriftete Hundefreaks eingerichtet wurde.

Mehr als 40.000 Dogmaniacs haben dem Hundeschrein schon ihren Respekt gezollt, es ist zu erwarten, daß auch West -Berlins Hundehalter bald in Massen dorthin pilgern: Hundemuseum Blankenburg, 10 Minuten vom S-Bahnhof Blankenburg. Di/Do/Sa 15-18 Uhr, So 11-17 Uhr; Eintritt (Spende) mind. 1 Mark.

Jörg O. Riss