Deutsch-deutsche Kondensstreifen

■ Lufthansa und Interflug planen den künftigen Berlin-Flugverkehr und die Alliierten dürfen zuschauen Einigkeit über neuen Großflughafen im Süden Berlins / Senator Wagner rechnet mit fünfzehn Jahren Bauzeit

Die Öffnung des DDR-Luftraums für alle Fluggesellschaften und die Einrichtung neuer Luftstraßen hat der Chef der DDR -Fluglinie Interflug, Henkes, am Mittwoch abend in Bonn abgekündigt. In einer Diskussion mit dem Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa, Ruhnau, und dem Verkehrssenator Wagner in der Berliner Landesvertretung zeigte sich Henkes überzeugt, daß damit die alliierten Rechte im Flugverkehr nicht berührt würden. Eine Abstimmung mit den Alliierten sei aber sinnvoll, so der Interflug-Chef. Die Alliierten hätten lediglich signalisiert, daß die bisherigen Luftkorridore erhalten bleiben müßten. Diese Information blieb an diesem Abend allerdings unbestätigt. Der amerikanische Botschafter Vernon Walters hatte sein Kommen angekündigt, war dann aber nicht erschienen. Die anwesenden Luftfahrtattaches der Westalliierten hüllten sich in Schweigen.

Neue Flugschneisen könnten nach den Worten des Interflug -Generaldirektors die Flugstrecke nach Berlin nahezu halbieren, was sich preissenkend auswirken könnte.

Der zu erwartende Zuwachs im Berlin-Flugverkehr mache den raschen Neubau eines Flughafens erforderlich, waren sich die Firmenbosse einig. Derzeit transportieren die Flughäfen Schönefeld und Tegel zusammen 9 Millionen Passagiere im Jahr; im Jahr 2005 sollen es 30 Millionen sein. Beide Flughäfen könnten das nicht leisten. Tegel sei - wegen fehlenden Raumes und Bürgerprotesten - kaum noch auszubauen und auch in Schönefeld zeigten sich „Akzeptanzprobleme“ bei der lärmgeplagten Bevölkerung. Verkehrssenator Wagner geht von einer Planungs- und Bauzeit für einen Großflughafen im Süden von Berlin von mindestens 15 Jahren aus. Lufthansa -Chef Ruhnau rechnet offensichtlich damit, im Durcheinander des DDR-Umbruchs schneller zum Ziel zu kommen. Sieben bis zehn Jahre könnten reichen, wenn man jetzt entschlossen zupacke, bevor sich Planungshindernisse auftun, erklärte Ruhnau.

Der Senat will nachdrücklich den Einsatz von lärmarmen Flugzeugen fördern, auch durch Staffelung der Landegebühren, versicherte Wagner. Derzeit fallen in Tegel 42 Prozent aller Flugzeuge in die lärmarme Klasse, ab kommenden Sommer sollen es 60 Prozent werden. Schlechter steht es um Schönefeld: Dort fallen nur 10 Prozent unter die Kategorie „lärmarm“. Weil gegenwärtig fast ausschließlich sowjetische Dreck- und Lärmschleudern mit geringer Sitzzahl eingesetzt werden, rechnet die Interflug mit „bedeutenden Verbesserungsmöglichkeiten“. Würde modernes Fluggerät der Klasse 3 eingesetzt, könnten bei gleicher Fluganzahl doppelt soviel Fluggäste bei geringerem Lärmpegel transportiert werden.

Gerd Nowakowski