Literatur-Pralinees

■ Eva Demski las in der Büchergilde aus „Käferchen und Apfel“ / Vom Lesen und Essen

Kulinarischen Lesefreuden huldigte die Frankfurter Autorin, einst ernannte „Stadtschreiberin“ für ein Jahr, zum Abschluß der Literarischen Woche, die so manche Kapazität nach Bremen holte. Mit dem Pflaumenmus zur Milch hat sich die damals zehnjährige „Pucki im Försterhaus“ reingezogen, es folgten Kombinationen von Buddenbrooks mit Schwarzbrot und falschem Lachs, Tee mit Kirschmarmelade zu Maupassant, und was war das noch, was ihren Genuß von Arno Schmidt, Joseph Roth und Karl Kraus vollendete? Scharfe Pfeffergürkchen. Einen, der sich Joyce mit Marzipankartoffeln zu Bauche führte, konnte sie aller

dings nicht verstehen. Diese Verbindung zweier Lüste, einer oralen mit einer mentalen, war ein roter Faden durch den Abend der 20 genüsslich Zuhörenden.

Ich war zu der Veranstaltung für einen Artikel geschickt worden und hatte noch nie was von Frau Demski gelesen. Aber ihre lebhaft sinnliche Sprache und Art machten mir Lust auf ihre „papierenen Früchte“. Spätestens bei den Kostproben aus „Käferchen und Apfel“, einer Anleitung zum Lesen und Verschlingen. Vor „schwerblütigen Studenten“ hatte sie als Gastdozentin geschärfte Gedanken darüber formuliert, ob Literatur die Welt verändert hat. „Ins Deutsche

bringen“ nennt Eva Demski, was sie mit Sylvia Plaths Versen für deren Töchter gemacht hat. Es muß furchtbar schwierig gewesen sein. Das Ergebnis ist eine lustig illustrierte Gegenüberstellung der amerikanischen mit den deutschen Versen, und beide sind wundersam verrückt und eigenartig.

Später diskutierten wir, warum so wenig Leute lesen und so viele Bilder mampfen. Da wäre zum einen der Anspruch aus der Epoche '68, gesellschaftlich verdrängtes Herrschaftswissen akribisch trocken ohne Mayonnaise in die Köppe zu kloppen. Soziologische Kulturkritik an der Massenverdummung ist zu ernst, um

Spaß machen zu dürfen und Eco ist ein Verräter bei den Aufrechten. Zu denen gehört Eva Demski nicht, schon damals bemerkte sie „wie der gesamte männliche SDS-Vorstand mit wiegenden Hüften aus Spiel mir das Lied vom Tod rauskam.“ Nach den wichtigen politischen kamen die „schmuddeligen, unreinen Wünsche“. Bernward Vespers „Die Reise“ war da eine der wenigen Ausnahmen, und die gesamte Frauen-Literatur der Siebziger sowieso, wo Subjektives politisch war. Gerne löffelten die LeserInnen ihre Rosinen heraus und ihre Augen blitzten ganz toll dabei. Aber Elfriede Jelineks „Lust“ findet sie ungenießbar und krampfig. Essen kann sie gar nichts dazu, während ich darauf mit Weißwürscht und süßem Senf abfahren würde. gür