LINKS WIE IMMER

■ Diskussionsveranstaltung zur Zukunft der DDR-Medien in der FU

Ratlosigkeit. Das war im wesentlichen das Ergebnis der Podiumsdiskussion „DDR-Medien im Wandel“ am Freitag abend in der Freien Universität. Denn keiner der vier Podiumsteilnehmer wußte, wie es weitergehen soll. Benn Roolf von der Alternativzeitschrift 'Kontext‘, Lutz Schütze vom DDR-Fernsehen, 'Neues Deutschland'-Chefredakteur Wolfgang Spickermann und der Journalistik-Professor Karl-Heinz Röhr sehen ohne große Hoffnungen in eine ungewisse Zukunft.

Auf keinen Fall sollten die Westler erwarten, daß es in der DDR auch nur ein bißchen besser werde als in der Bundesrepublik. Das ist die pessimistische Einschätzung von Volker Schütze von „Elf 99“ im zweiten DDR-Fernsehprogramm: „Wieso sollten gerade bei uns die Blumen aufgehen, die im Westen noch nie geblüht haben?“ Zum Beispiel ist für ein zukünftiges öffentlich-rechtliches Fernsehen der DDR ein Medienkontrollrat geplant. Lutz Schütze: „Da kloppen sich dann alle um den Proporz. Und wenn es ganz schlimm kommt, dann haben wir statt eines roten Telefons der Parteileitung bald 27 Telefone in der Redaktion. Und alle wollen Einfluß nehmen.“

Die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit, da waren sich die Podiumsteilnehmer einig, werden auf jeden Fall besser werden. Ein angestrebtes DDR-Mediengesetz sieht eine umfangreiche Auskunftspflicht für alle öffentlichen Institutionen, staatlichen Betriebe, Kirchen und Vereine vor.

Die neue Informationsfreiheit macht aber noch keine neuen, kritischen Journalisten. Benn Roolf von 'Kontext‘ bemängelt: „Alle machen jetzt auf hektische Suche nach den Grundlagen. Aber ein neuer Journalismus wird vergessen.“ Den neuen, kritischen Journalisten, den es bald auszubilden gilt, beschwört zwar der Leipziger Journalistik-Professor. Aber so dringend brauchen ihn die Etablierten anscheinend nicht. Wolfgang Spickermann, seit Ende letzten Jahres Chefredakteur des 'Neuen Deutschland‘, findet, daß es neue Journalisten schon gibt: „Wir müssen eigentlich hauptsächlich nur Verantwortung lernen, kritisch waren wir schon vorher.“ Der kritische Journalismus solle weiter eher ermutigend wirken als destruktiv, getreu der alten DDR-Journalismus-Regel: Kritisiert wird nur, was auch gelöst werden kann. Lutz Schütze: „Wir wollen jetzt nicht auf Teufel komm raus enthüllen. Eigentlich wollen wir viel lieber aufklären.“

Für die Zukunft der Printmedien scheint nur eine Prognose klar. „Es wird viele Parteizeitungen geben“, sagt Wolfgang Spickermann vom 'ND‘, „das finde ich auch wichtig, daß sich jede der neuen Gruppierungen ihr Medium schafft.“ Und teurer sollen Zeitungen werden. Rund 55 Pfennig wird das 'ND‘ ab April kosten, so Spickermann, „damit auch wirtschaftlich sicher ist, worum wir inhaltlich kämpfen. Wir wollen nämlich die Tageszeitung der deutschen Linken bleiben.“ Auch das Fernsehen hat Finanzprobleme. Rund 22 Millionen D-Mark fehlen, und die sollen aus Werbung finanziert werden. Für die Vermarktung der drei täglichen Werbeblöcke liegt schon ein unterschriftsreifer Vertrag mit den bundesdeutschen Medienkonzernen Springer, Bauer und Bertelsmann vor. Und viele Festangestellte stehen vor ihrer Entlassung. Lutz Schütze: „Ich bin dafür, mehr mit freien Mitarbeitern zu arbeiten. Endlich das Leistungsprinzip einzuführen. Auch wenn das vielleicht meinen eigenen Job kostet.“

Arne Völker