Rat bringt keine Einheit

■ Provisorischer „Rat der Nationalen Einheit“ in Rumänien gegründet / Baker sagt 80 Millionen Dollar Soforthilfe zu

Berlin (afp/ap/taz) - Als gestern US-Außenminister Baker zu einem Kurzbesuch in Bukarest einschwebte, traf er auf eine rumänische Führung, die gerade eine innenpolitische Krise überstehen muß. Denn obwohl seit Freitag abend Rumänien von einer neuen Übergangsführung regiert wird, die sich nun auf ein breites Spektrum der politischen Kräfte stützen kann, überziehen Streiks und Demonstrationen das Land. So umstellten Mitglieder der Transportarbeitergewerkschaft mit mehreren hundert Bussen und LKWs das Regierungsgebäude und verlangten bessere Arbeitsbedingungen. Am Abend zogen über 1.000 Soldaten durch das Stadtzentrum und forderten eine kräftige Erhöhung des Soldes sowie eine Verbesserung der Verpflegung. In Neumarkt (Tirgu Mures) demonstrierten 40.000 Ungarn für Gleichberechtigung und Unterricht in ungarischer Sprache.

Der neu gegründete „Provisorische Rat der Nationalen Einheit“, symbolisiert nach Ansicht vieler Oppositioneller zwar nach außen hin die Bildung neuer Machtstrukturen - dort sitzen jetzt neben 114 Vertretern der alten Front, 38 der neu gegründeten Oppositionsparteien mit je drei Vertretern, 27 Delegierte der ethnischen Minderheiten und 3 Vertreter der politischen Gefangenen -, doch bei näherem Besehen verfüge der ehemalige „Rat der Front der Nationalen Rettung“ mit seinen 114 Sitzen im 259 Mitglieder starken, neuen „Provisorischen Rat“ immer noch über den wesentlichen politischen Einfluß. Denn da jede der 38 Parteien, unabhängig von ihrer Größe und politischen Bedeutung, drei Deligierte stellen könne und es sich bei mehreren Opositionsparteien um Anhänger der Front handele, werde die eigentliche Opposition weiterhin an den Rand gedrängt. Die prominente Dissidentin Doina Cornea, ging sogar so weit, den Westen kurz vor dem Baker-Besuch zu einem ökonomischen Boykott Rumäniens aufzufordern, da sie der Führung trotz der Verbreiterung des Rates nicht traut. Noch immer sei die gefürchtete Geheimpolizei Securitate aktiv. Die Behörden hätten Securitate-Mitglieder einfach in andere Städte versetzt, wo sie keiner kenne.

Unter dem Druck der Opposition trat der bisherige Direktor der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt, Aurel Dragos Munteanu, zurück. Er begründete seinen Schritt mit „sich ständig verschärfenden politischen Konflikten“ über die Berichterstattung der Medien im Vorfeld der zum 20. Mai geplanten Wahl, bei der die „Front der Nationalen Rettung“ als eigene Partei auftreten wird.

Trotz aller Kritik an der Übergangsführung sagte US -Außenminister Baker kurz vor seinem Abflug eine Soforthilfe von 80 Millionen Dollar zu.

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