Lesefieber-Bücherhunger

■ Westberliner Bibliotheken werden von Ostberliner Lesern überrannt / Stefan Heym und Walter Janka sind die Renner / Computer der Amerika-Gedenkbibliothek vor dem Zusammenbruch

Seit der Maueröffnung werden Westberliner Bibliotheken von lesehungrigen DDR-Bürgern regelrecht überrannt. Besonders stark betroffen ist davon die Amerika-Gedenkbibliothek, deren Computersystem den Ansturm nicht mehr verkraftete (ein lob der modernen technik. wehrt euch, chips und bits und bytes, gegen die auspressung! sezza) und die deswegen am Montag ihre Pforten schließen mußte.

Das EDV-System sei dem Andrang von 600 DDR-Besuchern pro Tag nicht mehr gewachsen, erklärte der stellvertretende Direktor, Milan Bulaty. Die Speicherkapazität von 90.000 Anmeldungen sei erschöpft. Während der zweiwöchigen Schließung sollen 60.000 neue Speicherplätze geschaffen werden. Seit der Öffnung der Grenzen habe die 1953 von der Ford-Stiftung erbaute Bibliothek rund 20.000 neue Ausleiher aus der DDR, sagte Bulaty. Werke von bisher in der DDR verbotenen Schriftstellern wie Stefan Heym und Walter Janka seien ebenso gefragt wie Sprachkassetten und Wirtschaftsliteratur.

Ähnlich groß ist der Andrang von DDR-Lesern in der Staatsbibliothek Preußischen Kulturbesitzes. Seit dem 9. November 1989 seien 5.000 Neuanmeldungen von Bürgern aus Ost -Berlin und der DDR eingegangen, sagte der Sprecher der Bibliothek, Siegfried Detemple. Überwiegend Studenten nutzten die Bestände der Bibliothek.

Der Andrang bei den Stadtbüchereien in den innerstädtischen Bezirken „halte sich in Grenzen“ sagte der Amtsleiter Knut Schlegdendal.

dpa