Grüne in Hessen: Nationaler Dammbruch

■ Landesverband erklärt Zweistaatlichkeit für „illusorisch“ Reaktion auf Deutschlandbeschluß der Bundesfraktion

Frankfurt (taz) - Als erster Landesverband der Grünen haben die Hessen gestern auf den umstrittenen Deutschlandbeschluß der Bundestagsfraktion der Partei reagiert und das Festhalten am bisherigen grünen Zweistaatenmodell für „illusorisch“ erklärt. Wie Landesvorstandsmitglied Evelin Schönhut-Keil in Wiesbaden mitteilte, sei der Landesvorstand zu der Auffassung gelangt, daß das Modell Zweistaatlichkeit an den Interessen der DDR-BürgerInnen vorbeigehe. Deshalb müßten sich die Grünen jetzt „realistisch und konzeptionell“ den Problemen stellen, die eine nicht mehr abwendbare Vereinigung beider deutscher Staaten unweigerlich mit sich bringe. Schönhut-Keil: „Für uns heißt das konkret, sich für den Prozeß einer europäischen Friedensordnung einzusetzten, um ein entmilitarisiertes Europa vom Nordkap bis Sizilen zu erreichen.“ Da eine Vereinigung grundlegende Veränderungen „unseres sozialen Gefüges“ zur Folge haben werde, halten es die Grünen für unabdingbar, daß die Westdeutschen per Volksbefragung ihren Willen zur Vereinigung erklären: „Der soziale Brennstoff hier in der BRD wird zunehmend explosiv. Wir wissen, daß die Vereinigung vor allem von den Bürgern der BRD mitbezahlt werden muß. Deshalb ist es an der Zeit, die Kosten dafür aufzurechnen und - entsprechend dem Selbstbestimmungsrecht der Völker - die Bundesbürger um Stellungnahme zu dieser Vereinigung zu bitten.“

kpk