West-Handwerker und DGB heulen auf

■ Der Konkurrenzkampf geht los: Handwerkskammer und Gewerkschaften sind stinksauer auf die einseitige Liberalisierung des DDR-Außenhandels

Jetzt knirscht es im Gebälk. Die am Montag von Wirtschaftssenator Mitzscherling verkündeten Regeln für den Warenaustausch mit der DDR (die taz berichtete) haben den schärfsten Protest sowohl der Handwerkskammer als auch der Gewerkschaften provoziert.

Wie berichtet, ist es nicht planwirtschaftlich arbeitenden Ostberliner und DDR-Unternehmen ab sofort möglich, im Westteil der Stadt und in der BRD frei zu handeln. Die Westberliner Unternehmer, die Handwerker und die Renovierungskollektive der Alternativen haben eine vom Senat eingeladene Preiskonkurrenz aus dem Osten bekommen. Die „zusätzlich eintretenden Wettbewerbseffekte“ fördern, laut Mitzscherling, das Geschäft, eventuelle „Preisdifferenzen“ werden durch „Angleichungsprozesse“ allmählich ausgeglichen. Diese mit der DDR nicht abgesprochene und „den üblichen Gepflogenheiten nicht entsprechende Regelung“ wurde laut Mitzscherling mit der IHK und der Handwerkskammer abgesprochen.

Dieses bestreitet der Sprecher der Handwerkskammer, Schmaling, auf das entschiedenste. Von der einseitig ausgehandelten Vereinbarung habe man erst in der Abendschau oder der Presse gelesen und sei über den Inhalt empört. Sie fordern die sofortige Rücknahme. „Eine solche Erleichterung für DDR-Unternehmer schaffe ungleiche Wettbewerbsbedingungen“, erklärte Kammerpräsident Hans -Dieter Blaese; mit den „Verrechnungssätzen der DDR -Handwerker von sieben bis zwölf Mark die Stunde können die Westberliner Handwerker nicht mithalten“. Selbstverständlich sei die Handwerkskammer an einer Belebung marktwirtschaftlicher Strukturen und an einer Förderung des Mittelstandes in der DDR interessiert, auf keinen Fall aber an einem, besonders Ausländer und unqualifizierte Arbeitnehmer treffenden, Verdrängungswettbewerb. Darüber hinaus befürchtet die Kammer, daß sich die ohnehin prekäre Dienstleistungs- und Versorgungslage in der DDR durch eine Vorwegnahme der Währungsunion erheblich verschlechtern wird. „Wer will denn jetzt noch für Ostmark arbeiten.“ Erster deutlicher Warnschuß der Handwerkskammer: Auf der gestern einberufenen Sondersitzung wurde beschlossen, „vorläufig die Mitarbeit an der Senatskommission Arbeitsplätze für Berlin einzustellen“.

Auch die Gewerkschaften sind über die „einseitige Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs mit der DDR“ empört. Schlicht „verantwortungslos“ sei die ohne jegliche „Rücksicht auf arbeitsmarktpolitische Auswirkungen“ getroffene Ankündigung des Wirtschaftssenators, erklärte DGB -Chef Michael Pagels. Die Folgen für West-Berlin: „Dumpinglöhne und -preise, deutliche Beschäftigungseinbrüche und Konkurrenzkampf durch billiges DDR-Subunternehmertum.“

Den Sprecher des Wirtschaftssenators, Wolfgang Heinze, verwundern die lautstarken Proteste. „Man kann doch auf der einen Seite nicht das Zusammenwachsen der Stadt fordern und auf der anderen Seite für sich ein Naturschutzreservat reklamieren.“

ak